Zwischen Neckar und Alb
Beim Pesonalmangel in den Kommunen ist das Problem „zum Teil hausgemacht“

Interview Hanna Binder von der Gewerkschaft Verdi kritisiert, dass in den Rathäusern am Personal gespart wurde.

Esslingen. Die Personalnot „ist ein großes Thema in fast allen Rathäusern “, sagt Hanna Binder, stellvertretende Leiterin des Landesbezirks Baden-Württemberg bei Verdi. Aus Binders Sicht ist der Mangel nicht nur der Demografie geschuldet.

 

Was hört Ihre Gewerkschaft von den Personalräten aus den Rathäusern?

Hanna Binder. In den meisten Kommunen fehlt es an Personal. Nicht nur in den häufig genannten Ämtern und dem Sozial- und Erziehungsdienst, sondern auch im gewerblich-technischen Bereich, in Bädern, Bibliotheken. Zum Teil ist der Mangel hausgemacht, weil in den vergangenen Jahren am Personal gespart wurde, mit Wiederbesetzungssperren, dem Versprechen, dass Digitalisierung Entlastung bringen würde oder vermeintlich günstigeren Ausgliederungen. Dass in vielen Bereichen zu wenig Personal eingestellt wurde, ist oft deshalb nicht so stark aufgefallen, weil zeitgleich an anderen Stellen wegen des Ausbaus der frühkindlichen Betreuung Personal aufgebaut wurde. Und weil es eine Zeit lang auch geht, dass andere Kolleginnen und Kollegen mehr arbeiten – aber auf Dauer ist das keine Lösung.

 

Warum ist der öffentliche Dienst nicht mehr so attraktiv?

Binder. Es war nie allein eine Frage des Geldes, ob ein Arbeitgeber attraktiv ist. Natürlich spielt das eine Rolle und wir tun viel dafür, dass die Bezahlung nach dem Tarifvertrag angemessen ist und auch auf Entwicklungen der Arbeitswelt angepasst wird. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bewerten den Sinn ihrer Tätigkeit, gerade in den Kommunen, als sehr hoch. Daraus könnten die Arbeitgeber mehr machen. Das funktioniert aber nur, wenn der Arbeitgeber ihnen das in Form von Wertschätzung widerspiegelt. Daran fehlt es leider häufig.

 

Werden die tariflichen Spielräume ausgeschöpft?

In vielen Fällen werden sie nicht ausreichend ausgeschöpft, da könnte man noch viel über gute Stellenbewertungen machen, bevor man an übertarifliche Leistungen denkt. Gerade in den hochpreisigen baden-württembergischen Kommunen wäre es aber auch sinnvoll, über Ballungsraumzulagen zu verhandeln. Das wurde von den Arbeitgebern in der Vergangenheit aber immer abgelehnt. Wenn sie denn etwas machen, dann fast immer nur nach ihren Vorstellungen – befristet, unverbindlich. Das ist auf Dauer keine erfolgreiche Strategie, um neue Fachkräfte zu gewinnen. Claudia Bitzer