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Beim Traum vom Eigenheim müssen viele Abstriche machen

Bilanz Die Volks- und Raiffeisenbanken im Kreis Esslingen profitieren vom Ende der Null-Zins-Politik.

Esslingen. Die Immobilienpreise sinken zwar leicht, aber das Geld ist teuer. Deswegen kaufen weniger Menschen Wohneigentum – und es werden weniger Kredite durch Privatkunden abgeschlossen. Das bemerkt die Bezirksvereinigung der Volks- und Raiffeisenbanken im Kreis Esslingen (BZV) in ihrer Bilanz für das vergangene Jahr.

„Der Tenor in der Branche ist, dass das Zinsniveau sich stabilisieren wird“, sagt Karlheinz Pitter, Teil des BZV-Vorstands und Vorstandsvorsitzender der Bernhauser Bank. Man rechne mit einer Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank, mutmaßlich im Sommer. Die EZB wolle aber neue Daten zum Arbeitsmarkt abwarten. Die Volks- und Genossenschaftsbanken haben 2023 vom Ende der Null-Zins-Politik profitiert, der Zinsüberschuss war gestiegen (plus 7,1 Prozent). Auf der anderen Seite machte sich die Kaufzurückhaltung bei Privatkunden negativ im Provisionsgeschäft bemerkbar. Dennoch ist das Kreditvolumen insgesamt gestiegen, was auf eine erhöhte Nachfrage im Unternehmensbereich zurückzuführen sei.

„Die Preise für Wohnimmobilien dürften 2024 noch mal etwas nachgeben“, sagt Markus Schaaf, Vorsitzender der BZV und Vorstandssprecher der Volksbank Mittlerer Neckar. „Aber wir sehen etwas wie eine Bodenbildung, diese rückt näher.“ Denn nach wie vor gebe es großen Bedarf an Wohnraum. „Ob es bei allen Eigentumswünschen gleich das Einfamilienhaus sein wird, ist aber fraglich“, sagt Schaaf. „Der ein oder andere Kunde wird vielleicht kleinere Alternativen in Betracht ziehen müssen.“ Hinzu kommt, dass das Sparen für viele schwerer wird, vor allem wegen der gestiegenen Lebenshaltungs- und Energiekosten. Das Kundenanlagevolumen in der BZV sank um zwei Prozent.

Inwieweit auch noch steigende Kosten für die Kontoführung auf die Volksbank-Kunden zukommen, darüber geben die BVZ-Vorstände keine abschließende Antwort. „Die Gebühren sind unterschiedlich bei den Volksbanken im Landkreis“, sagt Schaaf. Man gehe verantwortlich mit Preisen um, beteuert er, aber es sei kein Geheimnis, dass es Kostensteigerungen gebe, die gegebenenfalls an die Kunden weitergegeben würden. Die Volksbank Mittlerer Neckar werde nach den Fusionen der vergangenen Jahre 2024 die Kontomodelle vereinheitlichen, konkrete Zahlen könne er aber nicht nennen. Die Bernhauser Bank plant laut Pitter keine Veränderungen. Und die Volksbank Plochingen hat nach Angaben von Vorstandsmitglied Volker Schmelzle im vergangenen Jahr zwei Kontomodelle erarbeitet, laut Webseite mit monatlichen Grundpreisen von 3,90 Euro und 9,90 Euro. Diese seien für drei Jahre fixiert.

Wie andere Banken müssen die Volksbanken bei Änderungen die Zustimmung der Kunden einholen. Und kündigen gegebenenfalls Verträge, wenn diese ablehnen. Dafür standen in der Vergangenheit mehrere Banken in der Kritik. In der Regel könne man die Anpassungen, aber gut erklären und erreiche hohe Zustimmungsquoten, sagen die BZV-Vorstände. Sie monieren den großen Aufwand, den die Abfragen erzeugen. Manche Kunden reagierten auch auf mehrere Anschreiben nicht, erläutert Schmelzle. Er hofft, dass der Gesetzgeber eine nachhaltigere Lösung für diese Vorgänge findet.

Die addierte Bilanzsumme der 2023 noch sechs eigenständigen Genossenschaftsbanken – zum Jahreswechsel verschmolzen Bernhauser und Scharnhauser Bank – belief sich zum Jahresende auf 9,45 Milliarden Euro, was ungefähr dem Vorjahr entspricht. Greta Gramberg