Darf man sich freuen in diesen Zeiten, können wir die Musik genießen?“ Diese Frage stellte Bürgermeister Sven Haumacher in seiner Begrüßung, um sie zugleich zu bejahen. Er drückte aus, was den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern an diesem Abend am Herzen lag und honorierte, dass auch Notzingen-Wellingen Zeichen des Mitgefühls und der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine bekundet. Die Ausführenden musizierten ohne Gage und transportieren ihre Botschaft wirkungsvoll in Texten und Klängen in den Kirchenraum: Frieden für die Ukraine!
Der Musikverein Notzingen-Wellingen eröffnet unter Leitung von Tobias Wegele den Konzertabend mit „To My Country“ aus der Symphonie Nr. 3 – Planet Earth von Bernhard Zweers, einem hymnisch-erhaben anmutenden Choral, der zur besinnlich-ernsten Stimmung im Auditorium passt. In Michael Jacksons „Heal The World“ geht es um die Erschaffung einer Welt ohne Angst. Die 19 Sängerinnen und Sänger des Chors „SingBar“ intonieren ein Arrangement dieses Liedes unter der Leitung von Hartmut Volz mit engagiertem Ausdruck und kräftigen Stimmen. Sie werden souverän begleitet von Edgar Müller (Klavier), Jürgen Kipp (E-Gitarre), Hansi Schuller (E-Bass) und Helmut Kipp (Schlagzeug).
Ausdrucksvoll gestaltet der Chor das bekannte „Hallelujah“ von Leonard Cohen und im Welthit „We Are The World“ von Michael Jackson und Lionel Ritchie wird die Botschaft einer Welt der Nächstenliebe verdeutlicht. Glanzpunkte setzen hier Steffi und Hartmut Volz mit dem richtigen Feeling. „Ich glaube“ von Udo Jürgens gestalten die beiden mit Überzeugungskraft, deutlicher Artikulation und sauberer Intonation.
Zwei Sololieder steuert der Bassist Michael Seil bei: Das israelische Friedenslied „Hine ma tov“ und das bekannte russische Volkslied „Leis das Glöcklein“. Letzteres habe laut Seil auch einen Stellenwert im Programm, „denn viele Russen sind gegen diesen Krieg und müssen machtlos dem Geschehen zusehen.“
Das Jazzquartett sorgt mit „Only A Blues“ von Jürgen Kipp für einen wohltuenden Wechsel des Genres. Hier ist die Musik zurückhaltend, sie kommt eher bedrückt rüber und passt damit gut in den Kontext. Denn ursprünglich drückten die afroamerikanischen Sklaven in den USA mit dem Blues Leid und Verzweiflung aus. Mit relaxtem Duktus und feinem Groove wird das Publikum trotzdem zum Wippen und Swingen angeregt. Die kreativen Improvisationen zwischen dem Pianisten Edgar Müller und dem E-Gitarristen Jürgen Kipp gleichen mit ihrem „Call an Response“ einem Zwiegespräch.
Es ist mutig, das legendäre „Imagine“ des ebenso legendären John Lennon im Konzert darzubieten. Michael Seil und Hartmut Volz haben im Duett den Versuch gewagt, dem Musik-Guru der wilden Beat-Ära nachzueifern, der das Lied 1971 zur Zeit der weltweiten Proteste gegen den Vietnamkrieg geschrieben hat: „Stell dir vor, alle Menschen teilen sich die ganze Welt. Stell dir vor, alle Menschen leben ihr Leben in Frieden.“ Die Sopranistin Silvia Hintennach gefiel mit schöner Stimme in „Bring Him Home“ aus „Les Miserables“.
Der polnische Ehrenamtliche Georg schildert schlimme Erfahrungen bei seinen Hilfstransporten in die Ukraine, den angespannten Zustand an der Grenze und die große Not der Flüchtenden. Er muss abbrechen, da ihn die Emotionen einholen.
Oskar Gulden, Vertreter der katholischen Kirchengemeinde, dankt ihm in bewegten Worten für seinen vorbildlichen Einsatz im Sinne der Menschlichkeit und wendet sich dann ans Publikum und die Ausführenden: „Sie sind da, Sie verschließen nicht die Augen vor der Zerstörung und dem unermessliches Leid. Notzingen-Wellingen reiht sich ein in den weltweiten Reigen musikalischer Plädoyers für den Frieden. Das ist gelebte Solidarität und praktizierte Nächstenliebe.“
Im „Kyrie eleison“ – „Herr erbarme dich“ von Charles Gounod wird „SingBar“ von der versierten Organistin Anke Friederich begleitet. Pfarrer Luca Bähne spricht herzliche Dankesworte und spendet den Segen. Als passendes Schlusslied erschallt „Dona nobis pacem“ angeführt vom mächtigen Bläserklang mit Orgelbegleitung und dem Chor: „Gib uns Frieden!“
Beten und Handeln gehören zusammen: Dank der großzügigen Spenden der Zuhörer und Zuhörerinnen können 3000 Euro über die „Diakonie-Katastrophenhilfe“ direkt verwendet werden für die Unterstützung der ukrainischen Zivilbevölkerung.