Zwischen Neckar und Alb
Bergleute feiern ihre Schutzheilige

Tunnelbau Die Mineure des Albvorlandtunnels haben in einer unterirdischen Kathedrale zu Ehren der heiligen Barbara ein Fest gefeiert – zum Dank, dass die Arbeiten bisher unfallfrei verliefen. Von Peter Dietrich

Ein derart schönes Umfeld für eine Barbara-Feier, sagte Christian Späth, habe er noch nie erlebt. Das will etwas heißen, denn der zuständige Leiter des Bereichs Tunnelbau bei „Implenia“ ist seit 25 Jahren im Geschäft. Bei Kerzenlicht auf großen Kronleuchtern nahmen die Mineure und andere Gäste im Albvorlandtunnel Platz und bedienten sich am italienischen Buffet. Im Seitenschiff der unterirdischen Kathedrale wurde zuvor ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert, später spielte auf der großen Bühne die Rockband „Good News“. Die Feier fand im Anbindungsbauwerk statt. Dort, wo sich später einmal die Schienenstränge treffen.

Traversen an der Decke, Lichtshow und Lautsprecher - beim mehrtägigen Aufbau hatten die Arbeiter keinen Aufwand gescheut. Auch der Altar für den Gottesdienst war liebevoll aus einem großen Stein gestaltet und mit einer Glasplatte versehen. Auf ihr fanden gleich zwei Barbara-Figuren von zwei Tunnelanstichen Platz. Der Dank von Christian Späth galt nicht nur den Tunnelbauern für ihre schwere Arbeit, sie galt auch deren Familienangehörigen für all die Unterstützung. Wie international das Team ist, zeigte sich im Gottesdienst, in dem auch in Polnisch und Slowakisch gebetet wurde. Bisher haben die beiden Tunnelbohrmaschinen mit Namen Sybille und Wanda jeweils über 4 500 Meter aufgefahren - das ist mehr als die Hälfte des Albvorlandtunnels.

„Danken wir der heiligen Barbara, dass sie uns in diesem Jahr vor schweren Unfällen bewahrt hat“, sagte Späth. Doch pures Vertrauen reiche nicht aus, nötig seien vor allem Umsicht und Verantwortungsbewusstsein gegenüber sich selbst und seinen Kollegen. Als Tunnelpatin erinnerte die Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut an die christliche Sage von der heiligen Barbara. Ende des dritten Jahrhunderts wurde die bildhübsche junge Frau in Kleinasien in den Turm gesperrt und fand dort zum christlichen Glauben, was ihren heidnischen Vater nur noch wütender machte. Später wurde sie auf der Flucht von einem Felsen geborgen. Heute gelte sie als eine von 14 Nothelfern und verkörpere als Lichtbringerin den Tag.

Die Barbara-Feier an jedem 4. Dezember hat für die Mineure eine hohe Bedeutung, an diesem Tag ruht die Arbeit. Die Ministerin hatte den Tunnelbauern zwei Körbe voll mit Schokoladenikoläusen mitgebracht. War dies die letzte Barbara-Feier im Albvorlandtunnel? „Wenn alles gut läuft, ja“, sagte der DB-Projektleiter Jens Hallfeldt. Falls nicht, dann gebe es im kommenden Jahr eben nochmals eine solche Feier im Tunnel. Das Ziel der Inbetriebnahme im Jahr 2022 rücke immer näher, die Baustelle müsse terminlich noch eine Schippe drauflegen. „Die schützende Hand wird auch im nächsten Jahr nötig sein.“ Die einzigen Toten auf dieser Tunnelbaustelle seien nämlich die Knochenfunde aus dem siebten Jahrhundert, und dies solle auch so bleiben.

Zwei Barbara-Figuren, zwei Tunnelpatinnen: Als zweite Patin sprach Esther Müllerschön und beschrieb die heilige Barbara als „multifunktional“. Sie stehe für Durchhaltevermögen und Beharrlichkeit. Sie sei auch in der evangelischen, orthodoxen, armenischen, koptischen und syrisch-orthodoxen Kirche bekannt.

Das bestätigte im Gottesdienst auch Pfarrerin Ute Biedenbach. „Obwohl ich evangelisch aufgewachsen bin, ist mir der Barbara­-Tag von Kindertagen an vertraut.“ Der katholische Diakon Peter Maile outete sich als Fan der heiligen Barbara und hatte ihr als solcher einen Brief geschrieben, den er vorlas. Wenn sie an jeder Tunnelbaustelle beteiligt sei, dann habe sie ja ganz schön viel zu leisten. Er sei überrascht, dass „selbst die härtesten Mineure still zur Barbara aufschauen“. Sehr klare Worte fand Maile zu Barbaras Vater: „Wie bescheuert und hasserfüllt muss jemand sein, um Leben zu zerstören, statt sich an ihm zu erfreuen?“

Für viel Freude am großen Buffet sorgte „La Vecchia Taverna“ aus dem nahen Oberboihingen. Auch der Musikverein Nabern hatte es zur Feier nicht weit. Beim Steigerlied wollte er schon nach drei Strophen aufhören, doch das ließen die Gäste nicht durchgehen. Die vierte Strophe mit einem vierfachen „Glück auf“ musste schon noch sein.