Lenninger Tal
Betörende Düfte wabern über die Albhochfläche

Gewürz Etwa eine Tonne Kümmel konnte Landwirt Wilfried Holder dieses Jahr ernten.

Römerstein. Von weitem sieht man Rotmilane über einem Feld kreisen. Irgendetwas scheint sie magisch anzuziehen. Dann zeigt sich ein großes gelbes Ungetüm, das die Greifvögel immer wieder aufscheucht. Besagtes Ungetüm ist ein Mähdrescher, der auf einem Feld in Böhringen Kümmel erntet. Es sind die Felder des Biolandwirts Wilfried Holder.

„Der Ertrag ist besser, als ich es mir vorgestellt habe“, sagt er über die diesjährige Ernte. Auf rund vier Hektar Land hat er vergangenes Jahr den weißen Doldenblütler angebaut. Seit einigen Jahren schon ist der Landwirt im Kümmel-Geschäft. Sehr zur Freude von Heiner Beck und Jörg Geiger, die nicht nur Abnehmer der Kümmelsamen sind, sondern teils auch der Blüte selbst. Der Bäckermeister Beck nutzt das Gewürz, um unter anderem Zwiebelkuchen, Kimmicher und Seelen damit zu verfeinern. Jörg Geiger von der gleichnamigen Manufaktur verarbeitet beispielsweise die Blüte zu Kümmelextrakt, aus dem Schnaps gemacht wird, oder verfeinert Schaumwein mit dem Gewürz.

Kümmel mag es feucht

„Der Kümmel ist kräftig in den Winter gekommen“, sagt Holder. Das sei wichtig, weil es sonst kaum Ertrag gibt. Er sei froh und dankbar dafür, denn eigentlich fehle der Regen. Zwar hat die Pflanze nur die Kümmelmotte als Schädling, und die mache auf der Alb keine Probleme, sagt Holder, doch braucht Kümmel viel Feuchtigkeit. Der auf der Alb typische lehmige, trockene Boden ist eigentlich nicht ideal für einen Anbau. Obwohl es früher auf jeder Blumenwiese Kümmelpflanzen gab, so Heiner Beck. Dieses Jahr haben die Bedingungen auf der Alb gepasst. Das liegt auch daran, dass der weiße Doldenblütler die Erde auflockert und die Wurzeln so tief genug in den Boden reichen, um mit ausreichend Wasser versorgt zu werden.

So konnte der Landwirt ähnlich wie im vergangenen Jahr knapp eine Tonne des für die Schwäbische Alb seltenen Gewürzes ernten. Mittlerweile ist die Trocknung und erste Reinigung in Römerstein abgeschlossen, und der Kümmel befindet sich auf dem Weg zum österreichischen Unternehmen „Sonnentor“. „Die ersten Tage riecht es im Ort intensiv nach Kümmel“, schwärmt er von der Trocknungszeit in Römerstein. In Sonnentor werden die Kümmelsamen erneut gereinigt. Nach etwa acht Wochen kommt das Produkt zurück zu Wilfried Holder auf die Alb, um dann unter anderem an Becka Beck und die Manufaktur Geiger verkauft zu werden, aber auch gemahlen als Gewürz direkt an die Endverbraucher. Rena Weiss