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„Betriebsferien“ im Hirsch: Hundert Prozent Bock auf Gastronomie

Ausbildung Hotels und Restaurants suchen dringend Nachwuchs. Wenn zum Landkreis-Infotag „Betriebsferien“ im Hotel Hirsch nur zwei erscheinen, aber beide ein Praktikum machen wollen, ist das ein Erfolg. Von Thomas Zapp

Die Ausbeute an potenziellen Nachwuchskräften ist an diesem Tag überschaubar. Zwei von vier Interessenten sind gekommen und haben im Großen Saal des Hotel Restaurant Hirsch in Ostfildern Platz genommen. Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass die Sommerferien gerade begonnen haben, die Teilnahme an der Aktion „Betriebsferien“ des Landkreises absolut freiwillig ist, oder daran, dass es draußen mehr als 30 Grad hat. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gastronomie generell unter einem Mangel an Auszubildenden leidet. Nach der Corona-Krise wurde das wieder besonders sichtbar, als gerade die Aushilfskräfte abwanderten und das Stammpersonal vielerorts die Arbeit nicht auffangen kann.

„Schlecht“ hängt von Sichtweise ab

Franziska Kammleiter lässt sich von den aktuell schwierigen Rahmenbedingungen jedoch nicht die Stimmung verderben. „Gastronomie hat den Ruf, schlechte Arbeitszeiten zu haben. Doch das hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Wer früh aufsteht, hat auch früh Feierabend, und wer am Wochenende arbeitet, hat unter der Woche Zeit“, sagt sie.

Ihre Aufgabe sieht die Ausbildungsleiterin darin, in die Schulen zu gehen und dort vor den potenziellen Nachwuchskräften Werbung für ihren Beruf zu machen. So hat sie auch schon eine Auszubildende für den Hirsch gewonnen. „Aktuell sieht es bei uns gut aus, wir könnten aber trotzdem einen Koch-Azubi und eine Restaurant-Fachkraft gebrauchen“, sagt sie. Wie es der Zufall will: Genau diese beiden Berufe interessieren die 14-jährige Realschülerin Dorothy Hartmann und den 17-jährigen Internatsschüler Leo Mandl, die aus Nürtingen und Esslingen gekommen sind. Ihre zunächst noch etwas zurückhaltenden Besucher kann Franziska Kammleiter mehr und mehr aus der Reserve locken, mit praktischen Übungen an den Stationen „Servietten falten“ oder „Teller tragen“. Auch eine Station „Warenerkennung“ gibt es: Thymian, Rosmarin und einige Küchengeräte müssen die beiden erkennen.

Die ehemalige Auszubildende Lisa Mick, die an diesem Tag ihren Arbeitstag als „normale“ Angestellte hat, mixt an der Station „Bar“ einen alkoholfreien Cocktail mit einer Art Mixer mit heftig rotierendem Rührstab: An den trauen sich die Schüler lieber nicht heran, dürfen das Orangen-Grenadine-Getränk aber probieren.

Wichtig sei, alle Bereiche im Hotel und Restaurant kennenzulernen, sagt Franziska Kammleiter. Der Service muss wissen, wie die Küche funktioniert, und umgekehrt ebenfalls, damit sie zusammen harmonieren und die Gäs­te am Ende zufrieden sind. Daher geht es auch auf eine Runde durch das Hotel mit Gastraum, Küche, Büro und den Zimmern in verschiedener Größe. Was die Ausbildung zur Restaurant- oder Hotelfachkraft ausmache, sei die Vielfältigkeit. „Für jeden ist etwas dabei. Wollen Sie lieber mit der Pinzette Teller in der Sternegastronomie dekorieren oder bodenständiges Essen im Landgasthof servieren?“, sagt Franziska Kammleiter.

Auch mal ausschlafen

In drei modern gemachten Imagefilmen liefert das Nachwuchsprojekt „Wir Gastfreunde“ des Hotel- und Gaststättenverbands Baden-Württemberg noch weitere Argumente für die Ausbildung. Eins davon heißt „Ausschlafen“, wenn man in Restaurants arbeiten kann, die erst um 17 Uhr aufmachen. Ein anderes Pro-Argument ist die Vielseitigkeit der Ausbildung und dadurch auch eine gewisse Jobsicherheit: Denn irgendwo kommt man immer unter.

Und nicht zuletzt lernt man, vor und mit Menschen zu reden. Da geht Franziska Kammleiter mit bes­tem Beispiel voran und hat auch die beiden Schüler überzeugt: „Ich würde gerne ein Praktikum machen“, sagt Dorothy Hartmann. Und auch der Internatsschüler Leo Mandl hätte gerne weitere Informationen. Dass es dieses Mal zwei und vor zwei Jahren mehr als zehn Interessierte waren, stört Franziska Kammleiter daher nicht: „Zwei von zwei ist genauso gut wie zwei von zehn.“