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Biologe: Das Verständnis für die Natur ist gewachsen

Artenvielfalt Anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Landkreises Esslingen blickt der Biologe Dr. Friedhelm Schmider auf seine Arbeit als ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragter: „Wir müssen Lebensräume erhalten.“ Von Cornelia Wahl

Bei brütender Hitze und strahlend blauem Himmel summt, brummt und zwitschert es aus allen Himmelsrichtungen. Am Rande des Steinbruchs blüht es bunt. Hier ist das Naturschutzzentrum Schopflocher Alb angesiedelt. Es war Gastgeber für die letzte Jubiläumsveranstaltung „50 Jahre Naturschutz im Landkreis Esslingen“. Ein Ort, der für den Vortrag des Biologen Dr. Friedhelm Schmider nicht besser gewählt hätte werden können. Viele unterschiedliche Pflanzen bieten in der Umgebung des Zentrums Insekten und Vögeln Nahrung. Doch nicht überall im Landkreis war und ist es so idyllisch. Schmiders Mission, die Artenvielfalt in Flora und Fauna, für die er seit 43 Jahren im Landkreis ehrenamtlich unterwegs ist, ist alles andere als ein Honigschlecken.

 

Einige Arten sind weggeblieben.
Dr. Friedhelm Schmider
Viele Eingriffe in die Natur haben gemäß dem Fachmann zu biologischer Verarmung geführt.

 

Seinen mit Bildern unterlegten Vortrag beginnt er mit dem blauen Planeten Erde – „dem einzigen Lebensraum, den wir haben“. Auf der Leinwand sind Bilder aus dem Neckartal und von den Fildern zu sehen, die für sich sprechen. Sie zeigen, wie in fünf Jahrzehnten Naturvielfalt versiegelten Flächen wich. Bilder von überbauten Biotopen, dem eingeengten Naturschutzgebiet Wernauer Seen, Fotos von isolierten landwirtschaftlichen Feldern, mehr und mehr begrenzt durch betonierte Feldwege – alles Eingriffe, die Arten vertrieben haben und zu biologischer Verarmung führten. „Man braucht nicht drum rum zu reden. Natürlich hat das Wohlstand gebracht, aber es sind auch einige Arten weggeblieben“, betont er.

Dann beginnt er von seiner Arbeit zu erzählen: „Als wir angefangen haben, die Schutzgebiete zu erweitern, neue Schutzgebiete zu schaffen, da habe ich ein paar Mal Polizeischutz gebraucht.“ Eine Sache blieb ihm dabei wohl besonders in Erinnerung: Jemand habe auf einen Bauplatz an einem Südhang spekuliert mit damals 1000 Mark pro Quadratmeter. Als er das ganze Gebiet beschlagnahmt habe und es zum Naturschutzgebiet wurde, sei der Boden noch 50 Pfennig pro Quadratmeter Wert gewesen. „Da stoßen natürlich Interessen aufeinander“, sagt Fridhelm Schmider. Interessenkonflikte gibt es auch mit den Behörden. Dr. Marion Leuze-Mohr, erste Landesbeamtin im Landkreis Esslingen und unter anderem zuständig für Naturschutz und Tourismus, sagte, sie spüre diese Zielkonflikte sehr stark. Man versuche, sie in einem guten Miteinander zu lösen.

Dr. Marco Drehmann, Geschäftsführer des Naturschutzzentrums Schopflocher Alb, Dr. Friedhelm Schmider, ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragter des Landkreises und Dr. Marion Leuze-Mohr, erste Landesbeamtin des Kreises bei der Veranstaltung „50 Jahre Naturschutz im Landkreis Esslingen“. Foto: Cornelia Wahl

Mittlerweile stehen in dem Landkreis Baden-Württembergs, der am dichtesten besiedelt ist, 44 Prozent der Fläche unter Naturschutz. Es gibt 26 Naturschutzgebiete, 52 Landschaftsschutzgebiete, Vogelschutzgebiete, Schon- und Bannwälder, flächenhafte und Einzel-Naturdenkmäler sowie das Biosphärengebiet. Durch die Arbeit sei eine Vielzahl von Arten erhalten worden – etwa Schmetterlinge, Wespen, Obstbäume, Weiden, aber auch der Wendehals und der Steinkauz hätten sich wieder angesiedelt.

Friedhelm Schmider ist es wichtig, wie jeder einzelne mit seinem Boden, seinen Gärten, seinem Balkon umgeht. In den vergangenen Jahren habe sich viel getan, das Verständnis dafür sei gewachsen. Er bemängelt, dass Landwirte bis an die Flurstücksgrenze ackerten. Da bleibe kein Raum für Artenvielfalt. Dennoch achte man dort darauf, Lebensräume zu erhalten. Hier sei man schon weiter als im Forst. Dort brächen die Fichtenbestände zusammen, und man sei wahnsinnig bemüht, naturnahe, artenreiche Wälder aufzubauen.

Der Biologe sieht es als problematisch an, dass mehr und mehr aus der biologischen Evolution rausgegangen werde. Man glaube, alles technisch lösen zu können. Hier müsse umgedacht werden. Davon sei man jedoch meilenweit entfernt. Die biologische Vielfalt, entstanden in der Evolution über Millionen von Jahren, schaffe ein Wirkungsgefüge. „Wenn das zusammenbricht, bricht alles zusammen“, so die Botschaft Friedhelm Schmieders.