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Blindenparcours beim Owener Stadtfest: mit Augenbinde und Blindenstock Hürden überwinden

Lebensmut Der stark sehbehinderte Ewald Löw aus Brucken wirbt auf dem Owener Stadtfest mit seinem mobilen Blindenparcours für Verständnis. Von Sylvia Horlebein

Er sieht so unscheinbar aus, der Blindenstockparcours von Ewald Löw aus Brucken auf dem Owener Stadtfest. Nur rund fünf Meter ist er lang und besteht aus drei Kanthölzern, die im Zickzack auf dem Boden liegen, ein paar seltsam anmutende Platten, einem Kasten und einer Ampel. Die kann allerdings nur zwei Farben, rot und grün. Trotzdem ist mir mulmig zumute, als ich mir die schwarze Schlafmaske über die Augen ziehe. „Kein Sorge, ich sehe zwar nichts, aber ich passe auf Sie auf“, versichert Ewald Löw lächelnd. 

Nur mit einem Blindenstock bewaffnet und Ewald Löw an meiner Seite, versuche ich den Parcours zu meistern. Um mich herum die vielen Besucher des Owener Stadtfests, hinter mir läuft schon der nächste „Blinde“ und ich habe das Gefühl, ich muss mich beeilen. Doch es klappt nicht, zu sehr vertraue ich normalerweise meinen Augen. Während Ewald Löw routiniert die einzelnen Markierungen auf den Straßen erkennt, tue ich mich schwer, den Stock in der Führungslinie zu halten. Besser geht es mit den „Achtung“ anzeigenden Platten mit den vielen Halbkugeln. Das Rumpeln, wenn ich mit dem Stock darüberfahre, ist nicht nur gut zu hören, sondern auch einfach zu spüren. Die kleine gebaute Stufe fällt mir schon schwerer, wie hoch muss der Fuß und wann ist eigentlich das Ende erreicht? Nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich die Ampel, und somit das Ende des Parcours erreicht. Erleichtert nehme ich die Augenbinde ab. Innerhalb nur weniger Minuten bekommen die Besucherinnen und Besucher in Owen und ich einen Einblick in die Welt der Blinden. Ewald Löw ist nicht von Geburt stark sehbehindert. Ein Arbeitsunfall raubte ihm mit nur 39 Jahren nicht nur weitestgehend das Augenlicht, sondern auch erst einmal jegliche Zuversicht.

Das tiefe Loch, in das er fiel, ist nicht zu beschreiben. Doch sein Umfeld gab ihn nicht auf. Von allen Seiten bekam er Hilfe, einen Blindenhund aber auch die Sturheit seiner Frau zu spüren. Heidi Löw sah in ihm keinen kranken Mann, darum gab es auch keinen Grund, warum Ewald Löw bis 10 Uhr schlafen sollte. Jeden Morgen weckte sie nicht nur ihre drei Kinder, sondern auch ihren Mann und schaffte es so, ihn in mühevoller Arbeit zurück ins Leben holen. Heute schaut Ewald Löw ohne Verbitterung zurück und führt ein erfülltes Leben.

 

Ein Rentner mit vielen Aufgaben

Als arbeits- und berufsunfähiger Rentner hätte er eigentlich eine Menge Zeit, aber die ersten Jahre nach seinem Unfall haben ihn geprägt. Ihm ist es ein Herzensanliegen, die damals erhaltene Hilfe zurückzugeben. Besonders wichtig ist ihm dabei die Inklusion. Aus diesem Grund geht er mit seinem mobilen Parcours mehrfach im Jahr in Schulen und Kindergärten. Er engagiert sich beim Verein „Unser Netz“, ist Leiter der Bezirksgruppe Nürtingen des Blinden- und Sehbehindertenverbands Württemberg und sitzt seit 2019 im Gemeinderat.

„Es war nicht klar, ob ich überlebe“, verrät Ewald Löw. Er war Zimmermann und wurde von einem Holzpfosten getroffen. Die schweren Verletzungen führten dazu, dass die Ärzte seiner Frau wenig Hoffnung schenken wollten, sie prophezeihten, dass ihr Mann ein lebenslanger Pflegefall sein werde. „Für einen Pflegefall sehe ich noch gut aus,“ erzählt er schmunzelnd. 

Löw sprüht vor Lebensfreude und geht darin auf, Kindern und Erwachsenen die Welt der Blinden näher zu bringen. Oft wird er in der Stadt von Kindern angesprochen. „Hallo Ewald,“ heißt es dann, „wir kennen uns aus der Schule.“ Das freut ihn besonders, denn es zeigt ihm, dass seine Idee ankommt. Zum Schluss verrät er noch, dass er immer noch in Farbe träumt und wenn ein alter Freund vorbeikommt, dann sieht er sofort das Gesicht. Auch von Paris hat er ein Bild vor Augen, nachdem er mit seiner Frau dort schon zweimal war. Nachdem er den Stadtführer im Voraus gehört hat, hat er nun ein Bild im Kopf. „Ob das Bild allerdings stimmt, das kann ich nicht sagen!“