You are fake news.“ Dieser Satz, mit dem Donald Trump einst CNN-Reporter Jim Acosta abgebügelt hat, ist legendär. Wörtlich lässt er sich nicht übersetzen. Die Bedeutung ist dennoch klar: Trump unterstellt dem Journalisten und seinem Sender, Nachrichten zu manipulieren, ja sogar frei zu erfinden.
„Mit „Fake News“ versucht jemand, andere durch falsche Information oder das Erfinden oder falsche Interpretieren von Inhalten zu manipulieren und zu täuschen“, sagt Andre Wolf den rund 50 Teilnehmern eines Online-Vortrags, zu dem der Kreisjugendring (KJR) eingeladen hatte. Andre Wolf, einer von zwei hauptamtlichen Mitarbeitern beim Verein „Mimikama“, wühlt täglich im Sumpf der Falschmeldungen, die durch die Social-Media-Kanäle wabern. Auf der Internetseite www.mimikama.at und dem Facebook-Ableger können Internetnutzer sogenannte „Fakes“ melden. Andre Wolfs Job ist es, sie zu entlarven und für die Nutzer einzuordnen.
Viele Falschmeldungen, die im Internet kursieren und über Kanäle wie Whatsapp, Facebook oder Instagram millionenfach geteilt werden, sind für den Mann, der eigentlich mal Pfarrer werden wollte, alte Bekannte. Wie zum Beispiel sogenannte „Horror-Kettenbriefe“, die vor allem unter Kindern und Jugendlichen geteilt werden, und sie in Angst und Schrecken versetzen. Auch Eltern wissen häufig nicht, was sie tun sollen, wenn ihr Kind per Whatsapp eine Nachricht erhält, in der steht, es müsse diesen Brief zehnmal verschicken, sonst werde es grausam ermordet. Die meisten dieser Kettenbriefe seien nach demselben Schema aufgebaut, sagt Andre Wolf. Sein Tipp: „Auf keinen Fall weiterleiten, und der Person, von der man sie erhalten hat, freundlich antworten, dass man so etwas nicht mehr möchte.“
Unnötige Prominenz erhalten solche Falschmeldungen immer dann, wenn Medien oder Behörden auf sie hereinfallen. „Einmal wurde gepostet, an Halloween wären Horror-Clowns mit Messern unterwegs“, nennt Andre Wolf ein Beispiel. Ein Fake. Allerdings hätten Medien, Schulen und Behörden davor gewarnt. „Dann sind Trittbrettfahrer auf die Idee gekommen, sich als Horror-Clowns zu verkleiden.“
Auch die Geschichte mit der HIV-verseuchten Nadel in Kinosesseln oder an anderen Orten ist nie bewiesen worden, hat sich durch millionenfache Verbreitung via Social Media dennoch in den Köpfen festgesetzt. „Das hat funktioniert, weil viele Menschen Angst davor haben, sich zu infizieren“, sagt Wolf. Überhaupt spielen Falschmeldungen oft mit der Angst oder den Vorurteilen von Menschen, um sie am Ende zu verstärken.
Ein weiteres Beispiel: Die rumänische Organmafia, die angeblich in weißen Lieferwagen herumfährt, um Kinder zu entführen und ihnen die Organe zu entnehmen. „Es gibt keine Organmafia, die Geschichte stammt aus einem ‚Tatort‘“, sagt Andre Wolf. Dahinter stecke das sogenannte „Zigeunernarrativ“, das besagt, dass Angehörige dieser Gruppe kleine Kinder entführten.
Eine Geschichte, die ebenfalls dazu führen kann, rechte Vorurteile zu verstärken, ist die angebliche Umbenennung des „Sankt-Martins-Fests“ in „Sonne-Mond-und-Sterne-Fest“, um Rücksicht auf muslimische Mitbürger zu nehmen. Eine Kita in Bad Homburg hatte dafür 2013 in der Kritik gestanden. In Wahrheit habe es nie die Absicht gegeben, das Fest umzubenennen. Die Kinder der Kita hätten lediglich eine Nudelsuppe mit Sonne-, Mond- und Sternennudeln gegessen und ihren Eltern dann von einem gleichnamigen Fest berichtet. So entstand das Gerücht, das sich seitdem hartnäckig hält. „Obwohl an der Geschichte nichts dran ist, hat das Magazin Focus das Thema 2017 aufgegriffen und eine Umfrage dazu gemacht. Dadurch hat er natürlich viel aufgewirbelt“, sagt Wolf.
Beliebt sind auch sogenannte Hybridfälschungen: Um die „Fridays-For-Future“-Demonstranten zu diskreditieren, kursierten Fotos von vermüllten Plätzen - angeblich nach Demonstrationen. „Mit einer klassischen Bildersuche haben wir herausgefunden, dass das Foto nach der Street-Parade 2016 in Zürich aufgenommen worden ist“, sagt Andre Wolf.
Doch auch klassische Medien verbreiten Falschmeldungen, wobei nicht schlecht recherchierte Texte oder Zeitungsenten gemeint sind. Wolf spricht beispielsweise von Überschriften, die - um Leser anzulocken - so zugespitzt sind, dass sie den Inhalt verfälschen.