Angenommen, ein Tanklaster verunglückt auf der A 8 und Tausende Liter Heizöl, Diesel oder Benzin versickern in der Erde. Lassen sich die Schadstoffe denn wieder aus dem Boden entfernen? Die Antwort lautet: ja. Und zwar in der neuen Bodenbehandlungsanlage der Firma Fischer Weilheim. Wie genau sie funktioniert, erfahren der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Andreas Schwarz und weitere Gäste während eines Besuchs bei dem Weilheimer Erdbauunternehmen. Thematisiert werden auch weitere Aspekte der Kreislaufwirtschaft, die Transportlogistik – und die Bürokratie, die den Unternehmen immer wieder Steine in den Weg legt.
„Drei Jahre hat es gedauert, bis die Genehmigung für die Bodenbehandlungsanlage vorlag“, geht Hans-Jörg Fischer, Geschäftsführender Gesellschafter von Fischer Weilheim, auf eines der jüngsten Beispiele ein. „Die Bürokratie frisst uns auf“, sagt er. Viele kleinere Unternehmen könnten sich derart lange, komplizierte Verfahren gar nicht leisten. „Wenn wir nicht die Größe und das Durchhaltevermögen gehabt hätten, wäre sicher auch die eine oder andere Genehmigung nicht zustande gekommen.“
Nun ist die Bodenbehandlungsanlage aber da. Die in der Region Stuttgart einzigartige Einrichtung leistet einen wertvollen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. „Sie ermöglicht es, Bodenmaterialien so aufzubereiten, dass sie dem Stoffkreislauf wieder zugeführt werden können“, erläutert Jörg Czischek, Bereichsleiter Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaft bei Fischer Weilheim. Das trägt dazu bei, Ressourcen zu schonen und lange Transportwege zu vermeiden. „Früher haben wir Hunderttausende Tonnen solchen Materials quer durch Deutschland gefahren“, sagt Hans-Jörg Fischer.
Reinigen statt entsorgen
Dank der Anlage lassen sich kontaminierte Materialen wie Bodenaushub, Schotter oder Ziegel, die sonst hätten entsorgt werden müssen, in Weilheim reinigen und wiederverwenden, vor allem auf Baustellen. In anderen Fällen kann das Unternehmen Abfälle zumindest so weit aufbereiten, dass die Deponien sie annehmen.
Entzogen werden den Böden in Weilheim ausschließlich organische Schadstoffe. Das sind zum Beispiel Diesel und Heizöl, Benzin oder Reinigungsmittel. Den Hauptjob machen dabei kleine Helferlein wie Bakterien, Algen oder Pilze. „Wir nutzen Mikroorganismen, die schon im Boden vorhanden sind“, erläutert Jörg Czischek. In der Anlage werden sie kräftig betüddelt. Unter „Wohlfühlbedingungen“ explodieren sie förmlich und machen sich mit großem Appetit über ihre Nahrung her – eben den Schadstoff, der weg soll. Je nach Fall ist der Boden innerhalb von Tagen, Wochen oder Monaten wieder sauber.
Aber nicht nur verunreinigte Böden werden dem Kreislauf wieder zugeführt. Auch bei anderen Stoffen wird Recycling immer wichtiger. „Man wird in Zukunft mehr abbrechen müssen“, stellt Hans-Jörg Fischer klar. Schließlich ist Bauen auf der grünen Wiese nicht mehr angesagt. Entsprechend muss sein Unternehmen noch häufiger mit Stoffen umgehen, die beim Abriss anfallen und sie so weit es geht recyceln. Neu ist das Thema für die Weilheimer Erdbaufirma nicht. Seit den 80er Jahren hat sich Fischer dem Baustoffrecycling verschrieben.
Ohne Deponien geht es nicht
Fakt ist aber auch, dass es ohne Deponien nicht geht. „Wir brauchen sie, weil es Stoffe gibt, die wir nicht recyceln können“, betont Hans-Jörg Fischer. Und zwar in der Nähe. „Sonst sind die Transportstrecken viel zu lang.“ Populär ist der Bau von Deponien bei den Anwohnern natürlich nicht. „Darum organisieren wir immer wieder Besichtigungen, um zu zeigen: Sie sind gar nicht schlimm“, so Fischer.
A propos Transport. In dieser Hinsicht hat der Unternehmer einen Wunsch an die Politik: das zulässige Gesamtgewicht für Lastwagen der Schüttgutindustrie zu erhöhen. „In Oberösterreich sind zum Teil schon 48 Tonnen erlaubt, um die Städte zu entlasten“, wirft Hans-Jörg Fischer einen Blick ins Ausland. Ein weiterer Wunsch: bei Auftragsvergaben auch die CO2-Bilanz einbeziehen, inklusive der Logistik. Erst dann rechnen sich alternative Transportwege wie Schiene oder Wasser auch wirtschaftlich.
Ansonsten tut das Weilheimer Unternehmen schon viel, um CO2 einzusparen und weg von der Straße zu kommen: So hat Fischer ein eigenes Eisenbahnunternehmen mit sechs Lokomotiven. Gemeinsam mit einem Partner möchte die Erdbaufirma grünen Wasserstoff vorantreiben und unter anderem eine Wasserstofftankstelle in Weilheim bauen. Das Problem: Politik und Hersteller haben beim Wasserstoffantrieb zunächst den Fernverkehr im Auge. „Bis wir auf dem Bau dran sind, dauert es“, ist sich der Geschäftsführende Gesellschafter im Klaren und betont: „So lange wollen wir nicht warten.“
1,8 Kilometer lang wäre die Schlange, wenn man alle Fahrzeuge der Firma Fischer aneinanderreihen würde. Sie besitzt mehr als 100 Laster, Tankwagen und Kehrmaschinen sowie mehr als 130 Baumaschinen. Mitarbeiter hat das Unternehmen 364.