Der große Lastwagen mit den grünen Hügeln am Wasser wird bald zum Wernauer Ortsbild gehören: Der 40-Tonner mit Elektroantrieb soll künftig bis zu sieben Mal am Tag zwischen Bosch Home Comfort in der Stadtmitte und dem neuen Außenlager der Firma pendeln. Dieses, nahe dem Kreisverkehr unterm Plochinger Dreieck gelegen, hat bereits den Betrieb aufgenommen und ist jetzt offiziell eröffnet. Wobei Bosch Home Comfort – vormals Bosch Thermotechnik – hier lediglich Mieter und Auftraggeber ist: Gebaut wurde die Halle von der Firma RLI Investors beziehungsweise von ihrer Wernauer Tochter Logic Green, betrieben wird sie von der Schlierbacher Spedition Zeh. Das entspricht dem Logistikkonzept der Bosch-Gruppe, dessen Ziel es ist, möglichst flexibel auf Schwankungen am Markt reagieren zu können: ein Baustein für die Zukunftsfähigkeit des Standortes Wernau, wie Werkleiter Michael Staudinger sagt.
Lagerflächen sind rar
Allerdings hätte das Unternehmen diese Chance fast verpasst, räumt Finanzvorstand Thomas Volz ein: Man sei eher „dem abgefahrenen Zug hinterhergelaufen“ und habe gerade noch aufspringen können. An anderen Interessenten fehlte es nicht, Lagerflächen sind in der Region Stuttgart rar. So habe auch die Stadt Wernau zuvor beim Grundstücksverkauf mehrere Bewerber gehabt, berichtet Bürgermeister Armin Elbl. Er freut sich über die hochwertige Nutzung des Geländes, das zunächst eher als offene Lagerfläche gesehen worden war. Denn der Boden ist zumindest in Teilen schadstoffbelastet: Hier befand sich einst ein Baggersee, der später mit Hausmüll und Industrieschlick aufgefüllt wurde. Doch die Schadstoffwerte hätten sich mit der Zeit gebessert und mit neuen Techniken sei auch auf solchen Grundstücken eine Bebauung möglich, sagt der Rathauschef, der sich freut, dass nun ein ansässiges Unternehmen den Nutzen hat.
Das habe auch den Gemeinderat überzeugt – auch wenn Bosch spät kam und andere Interessenten dafür zurückstehen mussten. Und auch wenn die Stadt mit ihrer eigenen Baurechtsbehörde durch das Projekt ziemlich unter Zeitdruck geriet.
Bei Bosch Home Comfort kamen zwei Dinge zusammen: zum einen das Logistik- und Fertigungskonzept, zum anderen der Brand, dem im März 2021 eine Lagerhalle im Werk in der Stadtmitte zum Opfer fiel. Um sie zu ersetzen, mietete das Unternehmen zeitweise bis zu sieben Lager im Umland an, die nun wieder aufgelöst und in der neuen Halle in Wernau zentralisiert werden. Dort sollen Roh- und Halbfertigteile für die Produktion gelagert werden. Mit 14 000 Quadratmetern Fläche gibt es reichlich Platz, er verteilt sich auf ein Hochregallager und ein „Blocklager“ für sperriges Gut, beide gut zwölf Meter hoch. Zeitweise war in der Diskussion, dass die Fläche geteilt wird und auch andere Mieter mit einziehen. Letztlich entschied sich Bosch aber zumindest vorläufig für die Gesamtlösung und bekam dafür den Zuschlag.
Verkehrsgünstig an den Bundesstraßen B 10 und B 313 gelegen, wird nun angeliefert, ausgeladen und dann zum Werk gefahren. Das ist in doppelter Hinsicht ein Gewinn: Durch die Bündelung der Aufträge fallen weniger Fahrten an als bisher. „Wir haben es geschafft, mit diesem System den Verkehr durch Wernau zu halbieren“, sagt Standortleiter Michael Bühler – und man wolle sogar noch besser werden. Außerdem fährt der 17 Meter lange Volvo mit seinen 666 Pferdestärken rein elektrisch durchs Stadtgebiet. Ein solches Fahrzeug hatte die Spedition Zeh bisher noch nicht, „das ist ein Pilotprojekt zusammen mit Bosch“, sagt Emanuel Lasgowitz, Zeh-Logistikleiter für Europa. Man gehe davon aus, dass einmal Aufladen pro Woche genügt. Zum Glück habe man das Fahrzeug relativ kurzfristig bekommen. Im Gespräch war auch ein mit Wasserstoff betriebener Lkw, dafür fehle aber derzeit die Infrastruktur, so der verantwortliche Bosch-Projektleiter Andreas Radde.
Wasserstoff ist trotzdem ein Thema, schließlich stellt Bosch Home Comfort auch Geräte für die Wasserstoffnutzung, zum Beispiel Heizkessel oder Brennstoffzellen, her. Für deren Komponenten ist ein Teil des Lagers vorgesehen. Die Mitarbeiter der Fertigung durften bei der Einweihung mitfeiern, sie wurden mit einem Pendelbus ins Lager gebracht.
Mehr als 20 Millionen Euro investiert
Nachhaltige Bauweise Die neue Lagerhalle ist nach Angaben von Bosch Home Comfort nach aktuellen Umweltstandards erbaut und von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen zertifiziert. Das Tragwerk des Gebäudes besteht aus Brettschichtholz statt Stahlbeton, das Hallendach ist mit einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet.
Logic Green Die Firma Logic Green als Immobilienentwickler wurde eigens für Projekte in Wernau gegründet und ist eine Tochter von RLI Investors mit Sitz in München. Nach Angaben des Geschäftsführers Waldemar Martel hat das Unternehmen mehr als 20 Millionen Euro für die Lagerhalle investiert, die von Bosch Home Comfort für zwölf Jahre angemietet ist. Auch gegenüber, auf der anderen Seite der Esslinger Straße, hat die Firma Logic Green zwei Lagerhallen erstellt und vermietet. aia