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Brandstifterin erhält eine Bewährungsstrafe

Justiz Die Serie an Bränden, vorsätzlich gelegt durch eine 52-Jährige, hielt die Region über Wochen in Atem.

Region. Beinahe ein halbes Jahr lang gab es fast wöchentlich Meldungen, dass wieder Holzstapel, Lauben, Anhänger oder Heuballen brannten. Häufig waren es mehrere Fälle in der Woche, mitunter sogar zwei an einem Tag. Und immer war von dem unbekannten Täter oder den Tätern die Rede. Serienbrandstifter sind selten weiblich. Experten wie etwa die Berliner Psychologieprofessorin Rebecca Bondü, die ein Buch mit dem Titel „Die Klassifikation von Brandstraftätern“ geschrieben hat, geht davon aus, dass vor allem jüngere Menschen und fast immer Männer mutwillig Brände legen.

Insofern war es ein ungewöhnlicher Fall, der vor dem Nürtinger Amtsgericht verhandelt wurde. Einer 52-Jährigen hat die Staatsanwaltschaft insgesamt 33 Fälle der Brandstiftung im Zeitraum zwischen 13. Januar und 3. Mai 2022 zur Last gelegt. Insgesamt fast ein Dutzend Brände gab es im Landkreis Böblingen und noch einmal rund doppelt so viele Delikte in den Landkreisen Esslingen, Reutlingen und Tübingen. Den verursachten Schaden der verhandelten Fälle bezifferte der Staatsanwalt in seiner Anklageschrift auf rund 126 000 Euro.

Was hat die Frau dazu getrieben, zu den unterschiedlichsten Tageszeiten, morgens um 8 Uhr und bis nach Mitternacht, Feuer zu legen? Immer waren es Holzstapel, die sie mit Grillanzündern in Brand gesetzt hat und die teilweise auf Scheunen, Geräte oder Obstbäume übergriffen. Details zum Motiv waren in dem Prozess nicht zu erfahren. Denn die meis­te Zeit wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, um die Privatsphäre der 52-Jährigen aus Leinfelden-Echterdingen zu schützen, die offenbar seelische Probleme hat. Staatsanwalt Patrick Bader sprach in der Anklage davon, dass die gelernte Bankkauffrau sich in einer „depressiven Phase“ befunden habe. Der psychiatrische Gutachter Hermann Ebel stellte seine genaue Einschätzung aber hinter verschlossenen Türen vor.

Verurteilt wurde die geständige Angeklagte am Montag zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Strafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, gefordert. Richter Alexander Brost machte der verheirateten Frau zur Auflage, dass sie die bereits begonnene Therapie nicht abbricht und sie sich nach deren Abschluss in eine ambulante Psychotherapie begibt.

Festgenommen wurde die damals 51-Jährige am 3. Mai 2022 nach einem Brand eines Holzstapels in Reutlingen-Altenburg, als sie mit ihrem Auto wieder daheim eintraf. An dem Tatort hatte die Angeklagte bereits am 26. April an drei Stellen Feuer gelegt und mit rund 36 500 Euro den größten Schaden verursacht.

Der Besitzer eines dieser Grundstücke kam als Zuhörer zu dem Prozess. Er allein habe einen Schaden von 35 000 Euro zu beklagen, berichtete der 67-Jährige. Er sei der Frau nach der Tat begegnet und habe sie durch das geöffnete Fens­ter ihres Wagens angesprochen, sie solle die Feuerwehr rufen. „Die schaute aber nur stur nach vorne“, erzählte er, dann sei sie geflüchtet.

Zu diesem Zeitpunkt war die Frau der Ermittlungsgruppe „Lignum“ aber bereits bekannt, die beim Polizeipräsidium Ludwigsburg eingerichtet worden war. Dort gab es am 26. März bei Schönaich den ersten Vorfall. Die Ermittler setzten eine verdeckte Videoüberwachung ein. Am 29. April tappte die Frau in die Falle und wurde in der Nähe des Klärwerks in Schönaich gefilmt, wo mehrere Holzstapel brannten, wie eine als Zeugin geladene Polizistin berichtete. Die Ermittler wussten fortan das Kennzeichen des Wagens, der auf den Ehemann der Angeklagten zugelassen ist, und sie hatten ein Foto von ihr. Auch das Handy der Frau wurde überwacht.

Die Böblinger Ermittler sind der Esslinger Kriminalpolizei zuvorgekommen, die ebenfalls eine Observation geplant hatte, wie ein Polizist aussagte. Beide Dienststellen hatten eng zusammengearbeitet. Petra Pauli