Dettingen. Erneut muss sich das Stuttgarter Landgericht mit einer schweren Brandstiftung im Kirchheimer Umland beschäftigen. Und wieder sitzt eine Frau auf der Anklagebank. Die 46-Jährige soll am 29. April dieses Jahres das Mehrfamilienhaus auf dem Guckenrain, in dem sie selbst wohnte, angezündet und einen 600 000 Euro-Schaden verursacht haben.
Gleich zwei verschiedene Strafkammern am Stuttgarter Landgericht verhandeln derzeit Brandstiftungen in Kirchheim und jetzt auch in Dettingen. Es sei auch nicht ungewöhnlich, dass gerade Frauen ihre Wohnungen in Brand setzen, hatte im ersten Verfahren ein Ersthelfer gesagt. Es seien Frauen, die meist psychisch erkrankt sind und dann in einer Art Wahnvorstellung Feuer legen. So auch eine 65-Jährige, die im Februar dieses Jahres ihre Kirchheimer Wohnung in Brand setzte, nach Meinung eines Sachverständigen im akuten Wahnzustand. Dieser Prozess läuft schon seit sechs Wochen (wir berichteten).
Am gestrigen Montag musste eine 46-jährige Bewohnerin eines Mehrfamilienhauses aus Dettingen auf der Anklagebank der 7. Großen Strafkammer am Landgericht Platz nehmen. Auch gegen sie lautet der Vorwurf auf „schwere Brandstiftung“ mit der vorläufigen Vermutung einer Tat im Wahnzustand, wie der Staatsanwalt in der Anklageschrift betont. Die Beschuldigte soll in der Nacht zum 30. April zwischen 22 und 2.30 Uhr ihre Wohnung mithilfe von Benzin in Brand gesetzt haben. Wie genau sie die brennbare Flüssigkeit verteilte, soll erst in der Beweisaufnahme, die am nächsten Verhandlungstag ansteht, erörtert werden.
Das Feuer, so der Staatsanwalt, breitete sich in Windeseile nicht nur in ihrer Wohnung, sondern auch in angrenzenden Wohnungen aus, sodass insgesamt 26 Personen in Gefahr gerieten, sich aber zum Glück selbst ins Freie retten konnten, ehe die Feuerwehren aus Dettingen, Esslingen, Owen und Weilheim sowie Kirchheim anrückten und den Vollbrand bekämpften. Auch Bewohner eines angrenzenden Gebäudes mussten evakuiert werden. Sie hatten als eigene Brandbekämpfung feuchte zusammengerollte Handtücher vor ihre Türen gelegt. Sämtliche gerettete Menschen, die durch die Zerstörung der Wohnungen zum Teil obdachlos wurden, hatte man vorläufig in einer Turnhalle untergebracht. Insgesamt war bei dem Brand ein Schaden von mindestens 600 000 Euro entstanden, wie es in der Anklage heißt. Das Gebäude war unbewohnbar geworden.
Nachdem klar war, dass es sich um Brandstiftung handelte, konnte die 46-jährige Bewohnerin noch am selben Tag ermittelt und festgenommen werden. Sie befindet sich allerdings nicht in Untersuchungshaft, sondern wurde aufgrund einer möglichen bipolaren Störung in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Von dort aus brachte man sie am ersten Verhandlungstag zum Stuttgarter Landgericht. Der Staatsanwalt ordnet die Frau als gefährlich ein und stellte schon mal den Antrag, sie auch weiterhin in der Psychiatrie zu behandeln.
An diesem ersten Verhandlungstag wurde nur die Antragsschrift der Staatsanwaltschaft gegen die Beschuldigte vorgetragen. Da der psychiatrische Sachverständige verhindert war, musste das Verfahren auf den 8. November vertagt werden. Dann will die Frau zu dem Vorwurf selbst Angaben machen, wie ihre Verteidigerin mitteilte. Bernd Winckler