Es war eine Tragödie, die im vergangenen Jahr Nürtingen erschüttert hat. In der Nacht des 1. November steht ein Haus in der Schafstraße in Flammen. 178 Hilfskräfte kämpfen gegen das Feuer und retten 18 Personen aus dem Gebäude. Sechs Menschen werden verletzt, zwei davon schwer. Für zwei Männer kommt jede Hilfe zu spät. Sie sterben in ihren Zimmern.
Einen Tag später schlagen plötzlich Flammen aus dem Nachbarhaus. Verletzt wird niemand. Durch beide Brände verlieren insgesamt 41 Menschen ihr Zuhause - darunter Familien mit kleinen Kindern. Sie werden von der Stadt in Notunterkünften untergebracht.
In den Tagen nach den Bränden gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass in beiden Häusern viel zu viele Menschen zu überhöhten Mieten und unter teils katastrophalen Zuständen gelebt haben.
„Akribisch“ möchte man nach den Brandursachen in den Gebäuden suchen, sagt damals Polizeisprecher Michael Schaal. Das Polizeipräsidium Reutlingen richtet zu diesem Zweck eine 19-köpfige Sonderermittlungsgruppe ein. Kurz vor Weihnachten wird die Gruppe aufgelöst. „Zwei Kollegen führten die Ermittlungen dann weiter“, so Schaal. Nun das ernüchternde Ergebnis: „In beiden Fällen lässt sich die Brandursache nicht ermitteln“, so der Polizei-Sprecher. Grund sei unter anderem die große Zerstörung in den Ruinen. „Bei Brandermittlungen geht man häufig nach dem Ausschluss-Prinzip vor“, erklärt Schaal. „Doch auch das war hier nicht möglich.“
Brandruine einsturzgefährdet
Das bedeutet allerdings nicht, dass die Ermittlungen abgeschlossen sind. „Ende Januar wurden die Ergebnisse der Ermittlungsgruppe an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Die ist für das weitere Vorgehen zuständig“, so Schaal und ermittelt weiter. Erste konkrete Aussagen werde man aber erst in einigen Wochen treffen können.
Auch die Stadt Nürtingen beschäftigt die Folgen der Brandkatastrophe weiterhin. Bis heute ist die Schafstraße gesperrt. Laut Pressestelle der Stadt ist das Gebäude in der Schafstraße 2 einsturzgefährdet. „Der Eigentümer hat einen Statiker mit der Einschätzung der Standsicherheit beauftragt“, so Pressesprecher Clint Metzger: „Seiner Einschätzung nach ist das Gebäude einsturzgefährdet, sodass die Straßensperrung nicht aufgehoben werden kann.“
Die Sicherung erfolge derzeit über das Ordnungsamt, soll jedoch demnächst an den Eigentümer übergehen. Die Stadt sei dazu mit dem Eigentümer in Kontakt. Ob das Haus am Ende abgerissen wird oder nicht, entscheidet der Besitzer. Das Nachbarhaus in der Schafstraße 4 sei sicher und bedürfe keiner Absperrung.
Leben in Notunterkünften
Die meisten der 41 Bewohner aus der Schafstraße leben noch immer in den Notunterkünften der Stadt. Zwölf von ihnen konnten mittlerweile wieder aus den Obdachlosenunterkünften ausziehen und haben ein Heim auf dem privaten Wohnungsmarkt gefunden.
Ende November appellierte die Stadt Nürtingen an Vermieter, Wohnraum für die Menschen zur Verfügung zu stellen. Daraufhin meldete sich ein großes deutsches Wohnungsunternehmen. Das bot der vierköpfigen Familie Arfaoui-Mohammad eine passende Wohnung im Roßdorf an. „Der Soziale Dienst half bei der Kontaktaufnahme, und da die Wohnung schnell bezugsfertig war, konnte Familie Arfaoui-Mohammad bereits Mitte Februar umziehen“, heißt es vonseiten der Pressestelle der Stadt. Die Erleichterung sei für die Familie groß gewesen, sagt Irini Dionysopoulou, Mitarbeiterin des Sozialen Dienstes. Auch die Siedlungsbau Neckar-Fils hat auf den Aufruf des Sozialen Dienstes reagiert. Zwei Wohnungen der Genossenschaft konnten befristet auf zwei Jahre von der Stadt angemietet werden. Die Wohnungen werden im Moment bezugsfertig gemacht. Weitere Wohnungs-Angebote werden derzeit noch geprüft.
Für die restlichen Opfer der Brände werden noch immer dringend Wohnungen gesucht. Deshalb hofft die Stadt Nürtingen weiterhin auf Vermieter mit Leerstand.