Lenninger Tal
Brauseraketen zischen in den Himmel

Sommerferienprogramm Im Gemeindehaus in Brucken lernen Kinder bei Rolf Oberle spielerisch, warum Brause auf der Zunge ­prickelt und schäumt. Von Anke Kirsammer

Den angefeuchteten Finger in das weiße Pulver getaucht und dann in den Mund gesteckt. Das süßsäuerliche Prickeln auf der Zunge weckt unweigerlich Kindheitserinnerungen: Überschäumende Gläser gehörten genauso zu Kindergeburtstagen wie die bunten Tütchen mit dem Matrosen, die einem als „Mitgebsel“ auch noch den nächsten Tag versüßten. Doch was steckt eigentlich drin in Brause, die bereits vor 95 Jahren von dem schwäbischen Kaufmann Theodor Beltle erfunden wurde? Rolf Oberle, bis zu seinem Ruhestand Chemielehrer am Kirchheimer Schlossgymnasium, lüftete im Rahmen des Lenninger Kinderferienprogramms im Bruckener Gemeindehaus das Geheimnis des „Zauberpulvers“.

Mitmachen war bei dem Programmpunkt der Julius-von-Jan-Kirchengemeinde angesagt. Beim Reimen genauso wie beim Trennen der Brause. „Ich behaupte, das Pulver hat drei Bestandteile, die man mit den Augen unterscheiden kann“, so fordert der 70-Jährige die Kinder auf, genau hinzugucken. Mithilfe von Lupen, Pinzetten und Zahnstochern schieben sie würfelartige klare Kristalle auf ein Häufchen, etwas kleinere trübe auf ein zweites und ganz kleine Teilchen auf ein drittes. Der Aha-Effekt stellt sich beim vorsichtigen Probieren ein: Das eine schmeckt süß, das andere sauer und das dritte seifig. „Reine Zitrone essen macht keinen Spaß“, klärt Rolf Oberle die zehn- bis 14-Jährigen auf und versucht ihnen durch den Verweis auf die Küche auf die Sprünge zu helfen. Bei grünem Salat beispielsweise mindert auch Zucker die Säure des Essigs. Genau diesen Effekt nutzten die Hersteller von Limonaden - oder eben von Brause. Nebenbei bekommen die Kinder eine Schnellbleiche für die Verwendung von Zitronensäure: „Was macht man damit im Alltag? - Als Schwabe im Lenninger Tal ein echtes Problem!“, so Rolf Oberle und prompt erfahren die Teilnehmer, dass sich damit wunderbar Kalk aus Wasserkochern und anderen Küchengeräten entfernen lässt.

Doch jetzt geht es darum, dem Sprudeln der Brause auf die Spur zu kommen: Dazu werden die einzelnen Bestandteile sowie jeweils ein Gemisch aus zwei Bestandteilen in eine Lochplatte mit sechs Vertiefungen gegeben, etwas Wasser dazu. „Nummer sechs blubbert“, sagt Benjamin und beobachtet schmunzelnd, wie sich unablässig Bläschen bilden. Es ist die Mischung aus Zitronensäure und Natron, der Stoff mit dem etwas seifigen Geschmack, der neben Zucker und Säure in keiner Brause fehlt und obendrein die Säure bindet.

Dass mit der Säure in größeren Mengen nicht zu spaßen ist, prägt sich den Teilnehmern ebenfalls ein: Nicht nur, weil ein schwarzes Ausrufezeichen auf Kartons mit Zitronensäure vor laschem Umgang mit dem Haushaltswundermittel warnt, sondern auch, weil sich der Teststreifen beim Eintauchen bedenklich einfärbt. „Wenn die Ampel rot ist, heißt das ‚Achtung. Gefahr im Verzug‘“, macht Rolf Oberle klar.

Aufpassen heißt es auch bei dem mit prickelnder Spannung erwarteten Raketenstart unter freiem Himmel: „30, 29, 28...“ Die Kinder müssen gar nicht bis Null zählen, dann zischt die präparierte Flasche aus dem Plastikrohr rund 25 Meter weit in die Luft - der krönende Abschluss eines Vormittags, der Rolf Oberle genauso viel Spaß bereitet hat wie den Teilnehmern. Seine Triebfeder ist, naturwissenschaftliche Zusammenhänge spielerisch so zu verpacken, dass bei den Kindern etwas hängen bleibt. Eine Idee fürs nächste Sommerferienprogramm hat der auf Edutainment, also auf unterhaltsames Lernen, schwörende Pädagoge ebenfalls bereits: Dann dürfen die Teilnehmer Badepralinen herstellen.