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Bus-Unternehmer Kevin Raddatz bringt frischen Wind in die Reisebranche

Generationswechsel Im Alter von 24 Jahren hat Kevin Raddatz das in Bissingen gegründete Bus­reisen-Unternehmen von seinem Vater übernommen. Von Lutz Selle

Betriebsgründer Gerhard Raddatz (links) hat die Geschäftsführung des Oberboihinger Busunternehmens an seinen Sohn Kevin übergeben.  Foto: Lutz Selle

Jung, innovativ, Busunternehmer. Für viele passen diese drei Worte nicht zusammen. Für Kevin Raddatz schon. Der 24-Jährige hat am 1. Januar das Oberboihinger Unternehmen Raddatz Busreisen von seinem Vater
 

 

Ich will die großen Fahrzeuge nicht nur fahren, sondern auch verstehen.
Kevin Raddatz, Busunternehmer

 

Gerhard Raddatz übernommen. Und der hat auch die Leidenschaft für das Busfahren schon sehr früh an seinen Filius vererbt. Im Alter von sieben Jahren saß Kevin Raddatz bereits das erste Mal am Steuer eines Omnibusses und fuhr auf dem Betriebsgelände ein paar Meter hin und her. Schon damals hat er beschlossen, dass er die Firma einmal übernehmen möchte. Dieser Kindheitstraum hat sich nun erfüllt.

Früh übt sich: Kevin Raddatz saß schon als Achtjähriger gern hinter dem Steuer.  Foto: pr

„Es gibt wenig Nachwuchs in unserer Branche“, stellt Kevin Raddatz fest. Er ist eine der wenigen Ausnahmen. Schon mit 18 hat er den Lkw-Führerschein gemacht und mit 21 den Omnibus-Führerschein. Beide Prüfungen hat er drei Jahre früher abgelegt, als das eigentlich vorgesehen ist. Und nur weitere drei Jahre später ist er Geschäftsführer des Unternehmens, das sein Vater im Jahr 1978 in Bissingen gegründet hat. „Er hat damals als Erstes einen Bus vom Schrottplatz gekauft und komplett restauriert.“ Drei Jahre später ist Gerhard Raddatz nach Oberboihingen umgezogen. Heute ist die Firma Raddatz Busreisen ein breit aufgestelltes Unternehmen mit Schülerbeförderung, Mietbusverkehr (dabei können zum Beispiel Vereine einen Bus inklusive Fahrer mieten), Mehrtagesfahrten, Schienenersatzverkehr, Musicalfahrten und ÖPNV-Linienbetrieb. „Drei Fahrzeuge sind im Auftrag von FMO täglich im Linienbetrieb in Nürtingen unterwegs. Oft helfen wir zusätzlich noch mit unserem Personal aus.“

Zum Fuhrpark von Raddatz zählen aktuell drei Reisebusse, drei Linienbusse, ein 20-Sitzer und neun Achtsitzer, die häufig als Schulbusse eingesetzt werden. Sieben feste Mitarbeiter und elf Aushilfen sind angestellt. Auch der inzwischen 75 Jahre alte Vater von Kevin Raddatz ist noch jeden Tag als Fahrer im Einsatz. Seine Mutter arbeitet im Büro des Familienunternehmens.

Vor der Übernahme des Geschäftsführer-Postens hat Kevin Raddatz auch schon woanders Berufserfahrungen gesammelt. Er absolvierte eine Ausbildung als Nutzfahrzeuge-Mechatroniker und arbeitete mehrere Jahre bei einem Autohaus als Lkw-Verkäufer. „Ich will die gro­ßen Fahrzeuge nicht nur fahren, sondern auch verstehen“, sagt er. Berufsbegleitend hat er abends noch eine Ausbildung zum Wirtschaftsfachwirt gemacht.

Die Busbranche möchte der neue Geschäftsführer mit verschiedenen Ideen in eine sichere Zukunft bringen. So habe er den Kontakt mit dem Busunternehmen FMO gesucht und „lange Gespräche“ geführt, bis die Zusage kam, dass sich seine Firma mit drei Bussen am ÖPNV-Linienbetrieb beteiligen kann. „Junge Unternehmer müssen immer andere Geschäftszweige suchen, um sich vom Markt abzuheben“, sagt der 24-Jährige.

Daher habe er am 23. Januar einen Vertrag mit „Bus dich weg“ abgeschlossen, einem Zusammenschluss von renommierten Omnibusreisen-Unternehmen. Ab dem 1. April gehört das Raddatz-Unternehmen zu dem deutschlandweiten Partnerverbund mit derzeit 18 lizenzierten Busbetrieben (es sollen mittelfristig 100 Busreiseveranstalter werden), die jeweils ein bestimmtes Gebiet abdecken. Im Fall von Raddatz wird das die Region Stuttgart mit dem östlichen und südlichen Umland sein – inklusive Schorndorf, Schwäbisch Gmünd, Merklingen, Bad Urach und Tübingen. Ziel ist es, Busreisen attraktiver zu machen. „Wenn ein Busunternehmen eine Reise ausschreibt, müssen die Interessenten immer warten, bis 20 Anmeldungen zusammengekommen sind.“ Nicht selten fiel dann eine geplante Reise mangels der erforderlichen Zahl an Teilnehmenden kurzfristig aus.

„Bus dich weg“

Ab dem 1. April passiert das bei Raddatz nicht mehr. „Mit ,Bus dich weg‘ haben wir eine Durchführungsgarantie der Reise bereits ab der ersten Buchung.“ Denn von anderen Busreisen-Anbietern können gegebenenfalls Fahrgäste hinzukommen. „Die werden dann per Bustransfer zum Hauptbus gebracht“, erklärt Kevin Raddatz. „Ausgeschriebene Reisen werden künftig nicht mehr abgesagt.“

 Alle Reisen von „Bus dich weg“-Partnern, die über das partnerschaftliche Reiseprogramm
angeboten werden, haben eine 100-prozentige Durchführungs­garantie. Bei allen „Bus dich weg“-Reisen wird ein Betrag in einen gemeinsamen Topf gelegt. Aus diesem wird dann ein Ausgleichs­betrag entnommen, falls bei einer Reise doch einmal die Auslastung des Busses zu gering sein sollte.

Neben dem Stärken der Busreisen-Sparte, unter anderem nach Frankreich, Italien, Norwegen, Paris, Amsterdam oder Prag, möchte Kevin Raddatz auch den Anteil

 

Er hat damals einen Bus vom Schrottplatz gekauft und komplett restauriert.
Kevin Raddatz über seinen Vater und Unternehmensgründer Gerhard Raddatz

 

seines Unternehmens am ÖPNV noch weiter ausbauen. Auch dem Thema E-Mobilität möchte er sich schon bald widmen. „Und früher oder später machen wir auch noch ,Gold-Reisen‘ für noch komfortablere Reisen.“ Ab dem 1. April gibt es bei Raddatz auch noch einen Mitarbeiter mehr.