Das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) ist zwar ein Wortungetüm, aber für den öffentlichen Nahverkehr wichtig. Denn darüber fördert das Land den Kauf von Linien- und Bürgerbussen. Im Jahr 2021 ging es dabei um 26,75 Millionen Euro.
Was das Land dabei aber stört: „Teilweise werden die Seitenflächen der geförderten Busse in einem derartigen Maß für Werbung genutzt, dass die Sicht nach außen erheblich eingeschränkt ist“, sagt Wenke Böhm, Sprecherin des Verkehrsministeriums. „Vor allem sehbehinderte Fahrgäste haben in diesen Fällen Schwierigkeiten mit der Orientierung und dem Erkennen der Ausstiegshaltestellen.“ Außerdem beeinträchtige das Bekleben der Seitenfenster das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste.
Nach der neuen „Richtlinie Busförderung“ soll es die Landesförderung nur noch geben, wenn der Bus auf den Seitenscheiben nicht flächig beklebt wird. „Die neue Fördervoraussetzung bezieht sich nur auf die Seitenscheiben“, betont Böhm, „sodass die Unternehmen weiterhin Werbeeinahmen generieren können.“ Sie verweist auf die große Zustimmung bei den Fahrgastverbänden.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) habe in der Vergangenheit regelmäßig Beschwerden von Fahrgästen erhalten, die die Fahrt in Bussen mit beklebten Scheiben als sehr unangenehm empfanden, berichtet der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb. Die neue Regelung beende „ein großes Ärgernis für Fahrgäste, die dadurch überhaupt nicht erkennen können, wo sie sich befinden“. Sie könnten sogar den rechtzeitigen Ausstieg verpassen. „Es war schon bisher unverständlich, dass Busunternehmern geringe zusätzliche Werbeeinnahmen wichtiger waren als zufriedene Fahrgäste.“ Die angestrebte Verdoppelung der Fahrgastzahlen könne nur mit zufriedenen Fahrgästen gelingen. Außerhalb der Fenster und auf der Rückseite des Busses stehe genügend Fläche für Werbung zur Verfügung.
Auch beim Fahrgastverband Pro Bahn wird das Vorhaben „uneingeschränkt begrüßt“. Der stellvertretende Vorsitzende des Pro Bahn-Regionalverbands Stuttgart, Wolfgang Staiger, beklagt: „Die Umgebung ist nur noch schemenhaft zu erkennen, was bei manchen Fahrgästen sogar zur Übelkeit führen kann. Diese Form der Außenwerbung bei Bussen ist für uns unzumutbar.“ Wenn der Bus von außen nicht mehr einsehbar sei, beeinträchtige dies auch das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste, durch ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Auch die Fluchtwege könnten beeinträchtigt sein. Bei einem Unfall in Salzburg habe sich gezeigt, dass beklebte Scheiben nur mit großer Mühe mit dem Sicherheitshammer eingeschlagen werden konnten. Die Einnahmen aus der Fensterwerbung von 200 bis 250 Euro im Monat machten weniger als ein Prozent der Betriebskosten aus. „Es ist eine seltsame unternehmerische Strategie, ein Produkt wegen marginaler Kostenreduktion deutlich zu verschlechtern.“ Freie Sicht sei so wichtig wie Niederflurigkeit, Klimatisierung und eine zweckmäßige Innenausstattung der Busse.
Was sagen regionale Busunternehmen? Omnibus Fischer ist im Linienverkehr rund um Kirchheim unterwegs. „Wir Busunternehmen sind durch Corona gebeutelt, Fahrgeldeinnahmen fehlen und zugleich wird der Sprit immer teurer“, sagt die Geschäftsführerin Sybille Bauer. „Wir müssen Werbeeinahmen generieren.“ Dies habe allerdings Grenzen. „Manche Werbekunden wollen wilde Sachen machen, wir beschränken dies.“ Solange man es nicht übertreibe, sei die Werbung in Ordnung. „Der Nahverkehr wird genutzt, um von A nach B zu kommen, nicht um die Landschaft anzuschauen. Ist die Werbung zu sehr eingeschränkt, sucht sich der Werbekunde ein anderes Medium.“
Eine deutliche Beschränkung gibt es auch bei Schlienz-Tours mit Sitz in Kernen im Remstal. Werbeflächen sind genau ausgewiesen und auf 15 Prozent der Fläche begrenzt.
Noch strenger sind die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB). „Eine großflächige Beklebung der Bus-Seitenfenster ist nicht Gegenstand Vermarktungsaktivitäten, lediglich die Beklebung der Bus-Heckfenster ist möglich“, antwortet die Sprecherin Birte Schaper. Dies liege im Interesse der Fahrgäste. „Eine freie Sicht nach außen, aber auch die freie Sicht von außen nach innen fördern den Fahrgastkomfort und das subjektive Sicherheitsempfinden.“
Konfrontiert man private Busunternehmer mit einer solchen Aussage, verweisen sie auf die bessere Situation der SSB: Hinter ihr stehe, anders als bei den Privaten, die Stadt Stuttgart.
„Bitte die Kirche im Dorf lassen, es gibt dringendere Probleme“, sagt Eberhard Dannenmann, Geschäftsführer der Omnibusverkehr Kirchheim GmbH (OVK). Die Unternehmen hielten sich an die Vorgaben: „Hier im VVS sind ein Viertel der Scheibenflächen zur Werbung freigegeben.“ Falls ausnahmsweise noch ein Bus ganzflächig beklebt sei, handele es sich um ein Auslaufmodell. Auch er verweist auf den „politisch initiierten existenzbedrohenden Wettbewerb, die Busunternehmen sind auf jede Möglichkeit zusätzlicher Einnahmen dringend angewiesen“. Wenn dies nicht gewollt sei, müsse ein anderweitiger Ausgleich erfolgen.
„Im Übrigen hatten wir noch nie irgendeine Beschwerde diesbezüglich“, ergänzt er, und wagt einen Vergleich mit der Bahn: „Was ist, wenn ich in Zukunft mit der Bahn von Stuttgart nach Ulm eine halbe Stunde im Tunnel fahre und neben mir nur Steinwände sehe? Da kenne ich welche, die mit Platzangst zu tun haben.“
Die Fahrgastverbände begrüßen die neue Regelung
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) habe in der Vergangenheit regelmäßig Beschwerden von Fahrgästen erhalten, die die Fahrt in Bussen mit beklebten Scheiben als sehr unangenehm empfanden, berichtet der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb. Die neue Regelung beende „ein großes Ärgernis für Fahrgäste, die dadurch überhaupt nicht erkennen können, wo sie sich befinden“. Sie könnten sogar den rechtzeitigen Ausstieg verpassen. „Es war schon bisher völlig unverständlich, dass Busunternehmern relativ geringe zusätzliche Werbeeinnahmen wichtiger waren als zufriedene Fahrgäste.“ Die angestrebte Verdoppelung der Fahrgastzahlen könne nur mit zufriedenen Fahrgästen gelingen. Außerhalb der Fenster und auf der Rückseite des Busses stehe genügend Fläche für Werbung zur Verfügung.
Auch beim Fahrgastverband Pro Bahn wird das Vorhaben „uneingeschränkt begrüßt“. Der stellvertretende Vorsitzende des Pro-Bahn-Regionalverbands Stuttgart, Wolfgang Staiger, beklagt: „Die Umgebung ist nur noch schemenhaft zu erkennen, was bei manchen Fahrgästen sogar zur Übelkeit führen kann. Diese Form der Außenwerbung bei Bussen ist für uns unzumutbar.“ Wenn der Bus von außen nicht mehr einsehbar sei, beeinträchtige dies auch das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste, durch ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Auch die Fluchtwege könnten beeinträchtigt sein. Bei einem Unfall in Salzburg habe sich gezeigt, dass beklebte Scheiben nur mit großer Mühe mit dem Sicherheitshammer eingeschlagen werden konnten. Freie Sicht sei so wichtig wie Niederflurigkeit, Klimatisierung und zweckmäßige Innenausstattung. pd