Morgens zwischen 4 und 5 Uhr muss es schnell gehen in der Backstube der Bio-Bäckerei Scholderbeck in Weilheim. Dann stehen die Fahrer der Kleintransporter vor den Toren, um die Backwaren in die Filialen und an die Kunden wie Kantinen und Schulen zu verteilen.
Täglich rund 4000 Brezeln gehen aus der Backstube, darunter auch mit Butter bestrichene. „An Spitzentagen können es 400 Butterbrezeln in der Nacht sein“, erklärt Bäckermeister und Geschäftsführer Bernd Sigel. Er steht allein in der Backstube. Seine Mitarbeitenden, die um Mitternacht helle Brote und zwischen 2 und 3 Uhr Kleingebäck hergestellt haben, sind am späten Nachmittag im Feierabend.
Sigel stellt einen 25-Kilogramm schweren Block aus Edelstahl auf eine der blank geputzten Arbeitsflächen. Links davon steht ein Korb mit duftenden Brezeln, rechts von der Maschine liegt ein leeres Blech. Jetzt kann es gleich losgehen. Der Bäckermeister holt noch eine 250 Gramm Packung Biobutter aus dem Kühlhaus und packt sie aus. Er öffnet eine Klappe an der Maschine mit einem passgenauen Fach im Format der Butter und schiebt sie hinein. Darüber befindet sich eine Konstruktion mit Düsen.
Ähnlich wie beim Berliner
Jetzt muss er erst einmal testen, ob auch Butter aus ihnen spritzt. Sigel schiebt das Papier der Butter unter die Düsen und drückt auf einen Knopf. Innerhalb von Sekunden werden kleine Würstchen herausgespritzt. Der Bäckermeister ist zufrieden mit deren Konsistenz. Bei sieben bis acht Grad lässt sich die Butter am besten einspritzen. Ähnlich wie Marmelade in die Berliner. Doch statt einer Düse hat die Butterbrezelmaschine elf Düsen unterschiedlicher Länge. „Sie sind an die Form der Brezeln angepasst“, erklärt Sigel.
Das ist die Aufgabe von Dieter Obertautsch, einem der beiden Tüftler aus dem Rems-Murr-Kreis. Der 60-Jährige Elektromeister und sein gleichaltriger Kollege haben 2006 erstmals mit dem Gedanken gespielt, eine Butterbrezelmaschine zu konstruieren. Damals kaufte Obertautsch fünf Brezeln in einer Bäckerei, die er mit Butter bestrichen haben wollte. Die Verkäuferin und die anderen Kunden hätten wegen der zu erwartenden Verzögerung genervt reagiert.
Obertautsch ging zurück an seinen Arbeitsplatz und sagte zu den Kollegen: „Männer, wir brauchen da was.“ Maschinenbautechniker Michael Feil war sofort mit dabei. Beide tüftelten über Jahre in jeder freien Minute, um die Idee in die Tat umzusetzen. 2015 gründeten sie ihr Start-up MFDO und übernahmen Herstellung und Vertrieb selbst. Die mechanischen Bauteile liefert die Firma Ellwanger aus Kirchheim/Teck, bevor sie die beiden zusammenbauen. Noch machen sie das nebenberuflich.
114 Maschinen haben sie seitdem verkauft. Bei Scholderbeck steht eine davon seit gut eineinhalb Jahren in der Backstube. „Sie macht mich flexibler“, sagt er. Bekäme er kurzfristig Bestellungen von 80 oder 100 Butterbrezeln für Veranstaltungen oder Kantinen herein, wäre es schwierig, diese zusätzliche Arbeit in den Dienstplan zu integrieren und Mitarbeiter abzustellen.
Rund 260 Brezeln in der Stunde können nach Angaben von MFDO mit der Maschine mit Butter befüllt werden. Sie sei damit doppelt so schnell, wie wenn es von Hand gemacht werde, sagt Sigel. Er nimmt eine fertig befüllte Brezel aus der Maschine, legt sie rechts auf dem Blech ab und steckt die nächste auf die Düse. Bis zu 25 Stück können mit seinem Modell – es gibt auch noch eines für bis zu 125 Brezeln – bespritzt werden, je nachdem, wie viel Butter aufgebracht werden soll. Rund zehn Gramm sind es bei Scholderbeck.
Sigel dreht eine der Brezeln um und zeigt die Einstichstellen in die geschlossene Brezel. „Es fällt kein Deckel mehr herunter, die Brezel ist stabiler“, sagt der Bäckermeister. Ein weiterer Vorteil: Sie bleibe dadurch länger frisch. Dies sei besonders bei Brezeln für Veranstaltungen und Schulen von Vorteil.
Er schneidet die bespritzte Brezel auf und zeigt, wie die Butter auf ihr verteilt ist. Elf runde Klekse werden sichtbar. Der erwachsene Sohn einer Mitarbeiterin schwöre auf die bespritzten Butterbrezeln, erzählt er. Aber es gebe auch Menschen, die mehr auf Handgestrichene setzten. In seinen acht Filialen gibt es weiterhin das liebevolle von Hand gestrichene Laugengebäck. Dort habe er bislang keine Butterbrezelmaschine eingesetzt.