Gesetzeslage
Cannabis: Wie steht es um Jugendliche?

Nachdem die Teillegalisierung von Cannabis zum 1. April 2024 bundesweit beschlossen wurde, zieht die Beratungsstelle Sucht und Prävention Bilanz. Ein zentrales Thema ist der Jugendschutz.

Cannabis gilt als Einstiegsdroge. Dass Kinder und Jugendliche gar nicht erst in Versuchung kommen, ist das Bestreben von Beratungsstellen, die intensive Präventionsarbeit leisten. Foto: pr

Das Cannabisgesetz (CanG) hat im Frühjahr dieses Jahres für Aufsehen gesorgt. Während die Stadt Kirchheim dem Gesetz sehr kritisch gegenüberstand, wurden einzelne Aspekte von der Beratungsstelle Sucht und Prävention des Landkreises Esslingen positiv bewertet. Zum Beispiel könne der Schwarzmarkt durch eine Teillegalisierung eingedämmt werden. Nach gut einem halben Jahr ist es Zeit für eine Zwischenbilanz.

Frau Mahle, in einem Interview im Mai hat die Beratungsstelle prognostiziert, dass sich künftig weniger konsumierende Erwachsene im illegalen Umfeld bewegen. Können Sie das heute bestätigen?

Renate Mahle: Es ist zu beobachten, dass weniger Personen aufgrund einer polizeilichen Auffälligkeit oder einer gerichtlichen Auflage im Zusammenhang mit Cannabiskonsum die Beratungsstelle aufsuchen. Dies zeichnete sich bereits Monate vor der Teillegalisierung im April 2024 ab und spiegelt auch die polizeiliche Verfolgungspraxis wider.

Haben Sie Veränderungen im Konsumverhalten der Jugendlichen seit der Teillegalisierung beobachtet?

Mahle: Wir können nicht das tatsächliche Konsumverhalten beurteilen, sondern nur, ob mehr oder weniger Jugendliche die Beratungsstelle aufsuchen. Im Moment ist die Inanspruchnahme der Angebote durch Jugendliche rückläufig.

Inwieweit kann ein regulierter Markt den illegalen Konsum und möglicherweise den Zugang für Jugendliche eindämmen?

Es lässt sich nicht verhindern, dass Jugendliche mit Alkohol oder Drogen in Berührung kommen. Die Rechtspraxis vor dem CanG konnte nicht verhindern, dass der Konsum bei den 18- bis 25-Jährigen in den letzten Jahren stetig angestiegen ist. Mit der Erlaubnis für Erwachsene, bis zu drei Pflanzen selbst anzubauen, und der künftigen Abgabe durch Anbauvereine, könnte der illegale Cannabismarkt langfristig geschwächt werden. Die Abgabe von Cannabis durch Erwachsene an Jugendliche ist eine Straftat.

Welche Rolle spielt die Aufklärung in den Schulen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis?

Prävention ist ein sehr wichtiger Beitrag, um über die aktuelle Gesetzeslage, aber auch über die Risiken des Cannabiskonsums zu informieren. Es geht auch darum, Alternativen zum Konsum zu fördern – also gesundheitsförderliche Aktivitäten, die sich positiv auf die emotionale Stabilität im Alltag auswirken. Dazu zählen aktive Möglichkeiten der Freizeitgestaltung wie zum Beispiel Bewegung, Spiel und Sport, kreative Hobbies und soziales Engagement.

Gibt es spezielle Programme zum Schutz von Kindern und Jugendlichen?

Im Landkreis Esslingen gibt es eine Reihe von Angeboten zur Suchtprävention. Diese bestehen bereits für Kindergärten in Form von Elterninformationsabenden oder Fortbildungen für Erzieherinnen. In diesem Alter geht es jedoch nicht speziell um Cannabisprävention, sondern allgemein um die Stärkung der Kinder gegenüber Suchtgefahren. Für Jugendliche bietet die Beratungsstelle Workshops in Schulen und Ausbildungsbetrieben oder die Teilnahme an Präventionstagen an.

Wie schätzen Sie das Risiko ein, dass Jugendliche durch die Legalisierung eher zum Konsum angeregt werden könnten?

Im Oktober 2025 soll eine erste Evaluation erfolgen, wie sich das Konsumverbot nach Paragraf 5 im ersten Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt. Es ist zu hoffen, dass es langfristig nicht zu einem Anstieg des Cannabiskonsums bei Jugendlichen kommt. Es gibt Studien, die zeigen, dass in anderen Ländern mit ähnlichen gesetzlichen Regelungen im Cannabisbereich kein stetiger Anstieg des Konsums bei Jugendlichen zu verzeichnen ist.

Renate Mahle ist Mitarbeiterin der Beratungsstelle Sucht und Prävention des Landkreises Esslingen.