Theater
Charleys Tante im neuen Gewand

Die „Dettinger Mauldäschla“ begeistern das Publikum mit einem modernen Remake des Klassikers.

Mario Mertel (links) und Steffen Lang in „Charleys Tante“. Foto: pr

Wer bei „Charleys Tante“ zuerst an Heinz Rühmann in Abendkleid und Stöckelschuhen denkt, dürfte sich bei der neuen Inszenierung der „Dettinger Mauldäschla“ erstaunt die Augen reiben. Mit „Charleys Tante reloaded“ holt Autorin Winni Abel den Klassiker von Brandon Thomas in die Gegenwart. Das talentierte Schauspiel-Ensemble traf auf ein begeistertes Publikum in der Dettinger Schlossberghalle am vergangenen Wochenende. Fast 600 Zuschauende wollten den Klassiker sehen.

Der gewissenhafte Charley, gespielt von Steffen Lang, und der ziemlich verwahrloste Jack, dargestellt von Mario Mertel, wurden von ihren Frauen vor die Tür gesetzt und bilden eine Zweckwohngemeinschaft, Homeoffice inklusive. Als sich die Schwestern Nelly und Tabea, verkörpert von Nicole Wimmer und Steffi Dettinger, als neue Nachbarinnen vorstellen, wittern die Singles unerwartet amouröse Optionen, zumal sich der schüchterne Charley schon vorher bei einem Seminar in Tabea verguckt hatte.

Ein Abendessen für die Tante

Ausgerechnet an diesem Wochenende schneit Jacks Ex-Gattin, gespielt von Brigitte Bohres, samt seiner von Instagram besessenen Tochter Maja herein, die von Leo­nie Vogt dargestellt wird, denn Jack hat an diesem ­Wochenende das Sorgerecht, und: Charleys Tante, eine legendäre Stilikone aus New York, verkörpert von Frauke Hermann, hat sich zu Besuch angesagt. Ein Umstand, der die trinkfeste Lokalreporterin der „Dettingen Post“ Nelly eine große Story wittern lässt – und zu einem gemeinsamen Abendessen der Schwestern mit der Männer-WG führt.

Dumm nur, dass sich Jack zuvor mit dem strengen Hausmeis­ter Pfeifer, den Franz Steigerwald spielt, überworfen hat. Als die legendäre Tante absagt, droht das Date zu platzen. Also schlüpft Jack kurzerhand in ein Abendkleid und wird zu „Charleys Tante“.

Mit gravierenden Folgen: Beim gemeinsamen Lasagne-Essen erfährt Tabea, dass Charley nicht nur Gebrauchsanweisungen für Heizdecken, sondern auch Gedichte schreibt. Der Hausmeis­ter verknallt sich spontan in die falsche Tante, sodass die angedrohte Wohnungskündigung vom Tisch ist. Alles läuft also bestens für Jack und Charley, bis unerwartet doch die echte Tante vor der Tür steht.

Jack im schicken Abendkleid

Bis dahin hatte das Publikum schon Unmengen an Pointen zu bewältigen. Der groß gewachsene Jack im schicken Abendkleid und sein biederer Mitbewohner sind optisch ein Hingucker, besonders wenn Jacks verrutschte Oberweite mal eben von Charley mit einem beherzten Griff ins Dekolleté jus­tiert wird. Für die vegane Influencerin Maja ist ihr Papa im Kleid plötzlich queer, die konsequent gen­dernde Nelly hält die türkische Imbiss-Bedienung für eine „Person mit Döner-Hintergrund“, dem Hausmeister kommt kurzzeitig seine Hose und damit auch seine Autorität abhanden, und wenn die falsche Tante Spaghettiträger für Kellner in einem italienischen Restaurant hält, ist es in Sachen Stil-Sicherheit nicht weit her.

Nicht nur die Titelhelden Steffen Lang und Mario Mertel, sondern das gesamte Ensemble machen die Auffühung zu einem besonderen Erlebnis. Denn aus jeder Menge schauspielerischem Talent, einem feinen Gespür für Situationskomik und Timing sowie mit einem rasanten Tempo hat das Team um Regisseurin Birgit Hayler ein Stück erarbeitet, bei dem die Zuschauer nicht aus dem Lachen herauskommen. pm

Erneute Aufführung

„Charleys Tante reloaded“ ist am Sonntag, 30. März, im Bohnauhaus in Kirchheim nochmals zu sehen. Beginn der Veranstaltung ist um 16 Uhr. Karten und weitere Infos gibt es unter mariakoenigin.kirchheim@drs.de.