Auch wenn CVJM für „Christlicher Verein Junger Menschen“ steht: Eine Altersgrenze gibt es nicht. In diesem Verein kann man früh beginnen, biologisch alt werden und dabei geistig jung bleiben. So traf sich eine altersmäßig bunte Mischung im Alten Gemeindehaus. Obwohl organisatorisch den evangelischen Kirchen verbunden, überwindet der CVJM seit Langem konfessionelle Grenzen. Die Band des Abends, „Proud Mary“, war katholisch - was bei den modernen Musiktiteln aber keinen Unterschied mehr macht, Hits wie „Jesus in my house“ kümmern sich um keine Konfession. Entscheidend ist, dass eine Band gut spielen kann, das tut „Proud Mary“.
„150 Jahre wird man nicht einfach so, das muss man feiern“, sagte Samuel Hartmann, Vorsitzender des CVJM-Landesverbands. Deshalb war er aus Pleidelsheim, wo er Pfarrer ist, durch alle Staus herbeigeeilt. So ein Jubiläum, sagte er, könne glücklich machen - wenn man zurückschaut und sieht, was alles gelungen ist. Es könne auch dankbar machen: „Es ist nicht alles selbstverständlich.“ Eine CVJM-Arbeit brauche viel Treue, viele Leute, viele Begabungen und auch Finanzen. Ein Jubiläum ist eine Gelegenheit für den Blick zurück und eine Standortbestimmung. „Wir fühlen uns wie die Jünger Jesu im Boot auf hoher See. Wie wollen wir den Wellen begegnen, was wird aus unseren Gruppen, unseren Häusern? Wir als CVJM haben eine Geschichte mit Jesus, er lässt uns nicht allein.“
Pfarrer Axel Rickelt brachte die Grüße der evangelischen Gesamtkirchengemeinde mit: „Damit grüßen viele sich selbst, weil sie zu beidem gehören.“ Er hatte als Geschenk eine Großflasche Tabasco dabei, denn die scharfe Chilisoße kam im Jahr 1868 auf den Markt, dem Gründungsjahr des Kirchheimer CVJM. „Ich mag Tabasco genauso wie ich CVJM-Geschmack in Kirchheim und Kirche mag.“ Tabasco mache wach und wirke anregend. Der CVJM solle zeigen, „dass der christliche Glaube keine fade Suppe für zahnlose Alte“ sei. Er solle eine Würze sein, bis das ganze Leben danach schmecke. Axel Rickelt fand auch einen entscheidenden Unterschied: Während die scharfe Soße nur an einem einzigen Ort in den USA produziert werde, sei der CVJM weltweit in rund 120 Ländern vertreten. „Jeder CVJM ist anders. Lasst das auch weiterhin eure Stärke sein. Seid der CVJM, den Kirchheim braucht.“ Den hiesigen CVJM und die evangelische Gesamtkirchengemeinde verbinde eine ausgesprochen stabile Partnerschaft.
Der nächste Programmpunkt hätte in ernster Version ordentlich erschrecken können, hatte doch das „vaterländische Turnen“ einen sehr militärischen Einschlag. Die zum strengen Drill vorgelesenen Originalanweisungen stammten aus dem Jahr 1876. Die CVJM-Jugend machte aus der Aufführung in Ringelanzügen jedoch einen großen Spaß: Um die Lächerlichkeit mancher Dinge zu entblößen, genügt eine ordentliche Portion Übertreibung. Die gab es auch am Ende beim Aufstellen für das Foto. Die große Kamera tat einen Knall, der sogar den Fotografen mit Zylinderhut umlegte. Was wohl ein heutiger Physiotherapeut zu den Übungen sagen würde, was davon diente wohl mehr der militaristischen Weltanschauung als dem Körper?
Ein kleines Schmankerl waren die an der Wäscheleine aufgehängten CVJM-Anzeiger von den 1950er-Jahren bis heute. Wie sich doch Design und Sprache gewandelt haben, wer würde heute noch „kleidsame Schuhe“ bewerben? Manche menschlichen Grundfragen hingegen bleiben wohl immer gleich, der Mensch bleibt sich eben im Guten und Schweren treu.
Viel Liebe und Aufwand hat der Verein in die Fotostellwände zur Vereinsgeschichte gesteckt. Sie konnte man leider nicht mitnehmen, um sie zu Hause in Ruhe zu betrachten. Das ging aber beim Fest erstmals bei der gut bebilderten Festschrift. Sie zeigt ganz ehrlich, wie stark die CVJM-Geschichte mit der allgemeinen Politik verwoben war, bis hin zur Existenzbedrohung.