Finanzen
Düstere Aussichten für Lenningen

Kurt Hiller von der Bürgerlichen Wählervereinigung und David Wichmann von den Grünen nahmen zum Haushaltsplan für dieses Jahr Stellung. Die Gemeinde lebt vom ersparten Geld. 

Der historische Tobel-Kindergarten in Oberlenningen ist nur einer von vielen in Lenningen. Die Personalkosten für die Kinderbetreuung haben sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Foto: Carsten Riedl

Mit meinem Kollegen Berger bin ich schon drei Jahrzehnte im Gemeinderat. Es hat immer wieder schwierige Zeiten gegeben, aber so düstere Finanzplanungen kennen wir nicht“, sagte Kurt Hiller von der Bürgerlichen Wählervereinigung Lenningen bei seiner Stellungnahme zum Haushaltsplan.

Große Forderungen stellen oder Wohltaten verteilen – das sei nicht drin. Die Personalkosten sind ab 2015 deutlich gestiegen. „Seit 2019 haben wir bei der Kinderbetreuung eine Verdreifachung der Kos­ten.“ Die Personalkosten hätten sich in diesem Bereich in 30 Jahren auf 4,4  Millionen Euro um das Fünffache erhöht. „Man kann ahnen, dass andere Bereiche personell vernachlässigt sind. Die Hälfte der Personalkosten geht heute in den Bereich Kinderbetreuung“, so Kurt Hiller. 

Die laufenden Kosten sind in den nächsten Jahren höher als die laufenden Einnahmen. „Dieses Defizit können wir aus den Rücklagen decken – aber das Geld haben wir angespart, um beispielsweise ein Kinderhaus zu bauen“, zeigte er auf und fragte sich, ob die Standards in den Einrichtungen ständig erhöht werden müssen, was alles verteuert. „Wenn wir etwas umbauen oder erweitern, müssen wir neue Auflagen für den Brandschutz erfüllen. So ist zum Beispiel im Hochwanger Kindergarten die Notbeleuchtung 24 Stunden am Tag an, ob jemand drin ist oder nicht.“

 

Warum akzeptiert die große Politik, dass 90 Prozent der Kommunen ihren Haushalt nicht ausgleichen können?

Gemeinderat Kurt Hiller

 

 „Grob überschlagen müssten wir eigentlich alle unsere Steuern, Beiträge und Gebühren um mindestens 50 Prozent erhöhen. Was das bedeuten würde, kann sich jeder ausmalen“, sagte Kurt Hiller und kam auf das Jubiläum 50 Jahre Lenningen zu sprechen. „Hier drängen sich Parallelen zu heute auf. Liegt der nächste Reformplan schon in der Schublade, oder warum akzeptiert die große Politik, dass 90 Prozent der Kommunen ihren Haushalt nicht ausgleichen können?“

Vier Punkte sind der BWL wichtig. Er nannte den Breitbandausbau und die Weiterentwicklung der Ortsmitte Oberlenningen mit dem Kinderhaus – und einer Wärme- und Energieplanung für dieses Quartier. Seit über 30 Jahren besteht der Wunsch nach zwei Fahrradwegen östlich und westlich der Bundesstraße. Im Hinblick auf die Eröffnung des Leuze-Parks sei das nun wirklich nötig. Außerdem wünscht er sich konkrete Planungen für das Verwaltungsgebäude.

Stellungnahme der Grünen

Auch David Wichmann von den Grünen machen die schmelzenden Rücklagen große Sorgen. „Die 20 Millionen Euro sind bis 2029 voraussichtlich vollständig aufgebraucht. Gleichzeitig  übersteigen die laufenden Kosten die Einnahmen derzeit um 1,7 Millionen Euro mit keiner Aussicht auf Besserung in den nächsten Jahren.“ Lenningen hänge als steuerlich schwache Gemeinde stark von Landesmitteln über den kommunalen Finanzausgleich ab. „Auf lange Sicht muss Lenningen einen Weg aus dieser Abhängigkeit finden, um die langfristige Finanzierung unserer Tätigkeiten sicherzustellen. Der Schlüssel hierzu ist die zügige Entwicklung des Scheufelen-Areals“, sagte David Wichmann.

Eine gute und zuverlässige Kinderbetreuung sei zentral für die Attraktivität einer Gemeinde. „Um die Zuverlässigkeit zu erhöhen, wünschen wir uns eine Diskussion über innovative Betreuungskonzepte wie Spielzeitbetreuung, die es in anderen Gemeinde gibt“, erklärte er. 

Die Ortsmitte soll nicht nur zum Herz Oberlenningens werden. „Wir stellen den Antrag, eine Prüfung von Nahwärmekonzepten mit erneuerbaren Energien vorzunehmen. Hierbei könnte die Einbindung weiterer kommunaler Gebäude in diesem Gebiet geprüft werden, beispielsweise Turnhalle und Schulzentrum.“ Ungefähr 100 Gebäude seien im Gemeindebesitz. „Die Unterhaltungskosten belaufen sich jedes Jahr auf über zwei Millionen Euro. Es stellt sich die Frage, wie lange wir uns das leisten können“, sagte er. Das geplante Neubaugebiet Lüxen sieht er kritisch – nicht nur aus Naturschutzgründen. „Auch aus finanzieller Sicht lässt sich der Sinn solch hoher Investitionen zumindest hinterfragen.“ Um die Innenverdichtung vorantreiben zu können, beantragte er eine Potenzialanalyse der in Lenningen exis­tierenden unbebauten, baureifen Grundstücke. 

David Wichmann hofft, dass die Stelle für den Klimaschutzmanager dieses Jahr besetzt werden kann und mehr Bürgerdialog stattfindet.