Die Stadt Nürtingen möchte 69 000 Euro für die aufsuchende Sozialarbeit ausgeben. Mit dem Geld sollen Mitarbeiter eines freien Trägers bei Menschen, die in den städtischen Unterkünften untergebracht sind oder solchen, die in prekären Wohnverhältnissen leben, bei der Konfliktlösung helfen oder Missstände beseitigen. Das Besondere: Weil der Landkreis die Förderung für den Sozialen Dienst und das Interaktionsmanagement wider erwarten um zwei Jahre verlängert, kann jetzt Geld eingeplant werden, mit dem man eigentlich nicht mehr gerechnet hatte. „Es ist völlig unvorhergesehen ein Türchen aufgegangen, das wir nutzen können“, sagt Bürgermeisterin Annette Bürkner.
Doch statt das Geld in eine weitere Stelle beim Sozialen Dienst der Stadt zu investieren, hat die Verwaltung einen anderen Weg gewählt: Es soll eine Wohnbetreuung für städtische Obdachlosenunterkünfte und Anschlussunterbringungen sowie prekäre Wohnverhältnisse geschaffen werden. Die soll aber nicht die Stadt übernehmen, sondern ein externer freier Träger.
Der Beschluss, diesen Weg zu beschreiten fiel am Dienstagabend im Ausschuss einstimmig. Das letzte Wort hat allerdings der Gemeinderat.
Wie im gesamten Großraum Stuttgart sei auch in Nürtingen die Wohnraumsituation angespannt. Bezahlbarer Wohnraum ist knapp und die Zahl der Fälle, in denen die Stadt Menschen wegen drohender Obdachlosigkeit unterbringen musste, steige, so der Leiter des Amts für Bildung, Soziales und Familie, Sven Singler. In diesen Unterkünften gebe es immer wieder Konflikte.
Aber es gibt auch ein ganz anderes Problem, eines, das die Brandkatastrophe in der Schafstraße Anfang November auf tragische Weise deutlich machte: Gerade die Menschen in schwierigen Lebenssituation wohnen oft in prekären Verhältnissen unter nicht tragbaren Bedingungen. Sowohl die Menschen, die unter solchen Bedingungen lebten, als auch die Bewohner der städtischen Unterkünfte bräuchten eine bessere Betreuung vor Ort, meint Singler. Es brauche eine aufsuchende soziale Arbeit. „Der soziale Dienst kann diese Begleitung vor Ort nicht auf Dauer leisten“, findet Singler. Die Personalausstattung lasse das nicht zu. „Notwendig ist ein Bindeglied, das Bewohner in den Unterkünften im Konfliktfall aufsucht.“ Neben der aufsuchenden sozialen Arbeit spiele auch die Vernetzung mit Akteuren vor Ort eine wichtige Rolle. Großen Bedarf sieht Singler außerdem in Sachen Sauberkeit, Müll und dem sorgsamen Umgang mit dem Wohnraum.
„Die Fördersumme des Landkreises für Beratung in der Anschlussunterbringung läuft wider Erwarten nicht aus“, so Singler. Stattdessen sei jetzt bis mindestens Ende 2022 das Budget höher als gedacht. Jetzt soll die Aufgabe ausgeschrieben und Angebote eingeholt werden. Das Projekt ist auf zwei Jahre befristet. „Es geht darum, dass wir durch zusätzliche freie Mittel versuchen, mit Hilfe eines Freien Trägers zu schauen, wie man die Situation in den Griff bekommen kann“, ergänzt Bürgermeisterin Annette Bürkner. Nach zwei Jahren soll das Projekt dann ausgewertet werden. „Wir müssen dahin gehen, wo es schwierig ist“, betonte Bürgermeisterin Bürk- ner. „Wir müssen gucken, dass wir die Ressourcen auch optimal ausnutzen.“