Von einigen unvorhergesehenen Ereignissen musste Dettingens Bürgermeister Rainer Haußmann bezüglich der Entwurfsplanung der Geh- und Radwegunterführung unter der B 465 und der Teckbahn berichten. Die haben sich in den vergangenen Wochen sehr zum Verdruss der Verwaltung ereignet. „Das Rathaus arbeitet sich an der Großwetterlage in Berlin ab“, sagte der Schultes. Tag und Nacht seien er und seine Mitarbeiter mit dem Jahrhundertprojekt für Dettingen beschäftigt. Es gehe um Ausgleichsmaßnahmen, Artenschutz, Archäologie und vieles mehr. „Das ist brutal neben dem normalen Geschäft“, lobte er das Engagement seiner Mitarbeiter.
Seit eineinhalb Jahren sei die Gemeinde mit den entsprechenden Förderstellen zugange. Das hat sich gelohnt, 90 Prozent der Baukosten für den Tunnel werden über Fördermittel gedeckt. „Dieser Tage haben wir dann die Information bekommen, dass wir in Bonn anrufen sollen, weil dort das Eisenbahn-Bundesamt seinen Sitz hat. Die Unterführung kreuzt ja bekanntlich die Teckbahn“, erklärte Rainer Haußmann. Ihm ist es im Prinzip egal, woher das Geld kommt, denn auch von dieser Stelle gibt es aller Wahrscheinlichkeit nach 90 Prozent Fördermittel. Doch weil in Berlin die Ampel-Koalition geplatzt ist, weiß das Eisenbahnamt nicht, welche Zahlen im Haushalt 2025 stehen, und ist zunächst zurückhaltend. „Mir ist egal, wie das Förderprogramm heißt, Hauptsache, wir bekommen das Geld“, so der Schultes. Möglicherweise werde der Zeitdruck weniger. „Dann sind wir 2030 fertig und nicht 2028.“
Das gilt jedoch nicht für die Untertunnelung der Eisenbahn. Die hat drei Jahre Genehmigungspflicht. Deshalb muss der „Käfig“ in den Sommerferien 2027 eingeschoben werden. „Dann steht die Teckbahn still, das muss man drei Jahre vorher anmelden“, verdeutlichte Rainer Haußmann das Prozedere. Eine Videokonferenz bezüglich des Eisenbahnkreuzungsgesetzes soll klären, in welches Förderprogramm Dettingen kommt.
Wir bekommen die Auswirkungen zu spüren, wenn die Politik sich lähmt.
Bürgermeister Rainer Haußmann
Kalt erwischt hat die Gemeinde die Tatsache, dass offensichtlich der vierspurige Ausbau der B 465 ins Stocken geraten ist. „Seit etwa 20 Jahren suggeriert uns das Regierungspräsidium, dass die hoffnungslos überlastete Bundesstraße ertüchtigt wird. Im Februar 2023 lag der Vorentwurf für vier Spuren vor. Ein Jahr wurde er liegen gelassen, um jetzt wieder auf zwei Spuren zurückgestutzt zu werden“, erklärte Rainer Haußmann. Kämmerer Jörg Neubauer sagt auf Nachfrage: „Das RP unterstützt uns nach Kräften. Es ist auch nur eine ausführende Stelle, die Vorgaben umsetzen muss.“ Damit die Unterführung mit der geplanten Länge gebaut werden kann, um „einen Schildbürgerstreich vermeiden zu können“, braucht die Gemeinde Dettingen gegenüber dem Bund als Straßenbaulastträger der Bundesstraße den „Zaubersatz“: „Die B 465 ist total überlastet, weshalb die Gemeinde Dettingen die Unterführung so ausbauen muss, dass sie auch für vier Spuren reicht.“
„Es steht Einiges still wegen Berlin. Wir bekommen die Auswirkungen deutlich zu spüren, wenn die Politik sich lähmt. Vieles ist dadurch im Schwebezustand, was wir eineinhalb Jahre vorbereitet haben“, sagte Rainer Haußmann. Dass die B 465 total überlastet und dadurch die Ortsdurchfahrt stark belastet ist, sei sämtlichen Beteiligten bekannt. „Die Unterführung ist unser wichtigstes Projekt seit Jahrzehnten. Es verbindet zwei Ortsteile“, verdeutlichte er den Stellenwert des Vorhabens.
Insgesamt kostet das Projekt rund 11,9 Millionen. Darin inbegriffen ist auch der Rückbau der alten Unterführung, für die es keine Förderung gibt. Dettingen muss in Vorleistung gehen, das Fördergeld fließt erst später. „Wir müssen jetzt viel Geld in die Hand nehmen. Die Jahrhundertchance für die Gemeinde ist nur über Kredite zu finanzieren“, erklärte Jörg Neubauer. Der Gemeinderat hat einstimmig beschlossen, das Planfeststellungsverfahren auf den Weg zu bringen, um keine Zeit zu verschwenden.
Kommentar zum Polit-Wirrwarr
Von wegen, die Politik in Berlin ist weit weg. Die Profilierungssucht und das Macht-Taktieren samt Geschachere aller Parteispitzen wirkt sich konkret bis in den letzten Winkel der Republik aus.
Das darf die Gemeinde Dettingen im Moment hautnah erleben. Die Freude über die 90 Prozent-Förderung für die Geh- und Radwegunterführung hat einen nicht zu überhörenden Dämpfer erhalten. Das Vakuum bezüglich des Bundes-Haushalts führt sich im weiteren Vorgehen in Dettingen fort und ist volkswirtschaftlich mit einem großen Fragezeichen zu versehen. Verantwortliches Handeln sieht anders aus, aller Beteuerungen der handelnden Personen zum Trotz – allen voran der Bundeskanzler.
Die Dettinger Verwaltung arbeitet sich gerade am Berliner Polittheater ab. Seit eineinhalb Jahren ist die Gemeinde mit den beteiligten Förderstellen zu Gange. Nun ist alles anders. Plötzlich kommt auch noch die alte Bundeshauptstadt Bonn ins Spiel. Dort hat das Eisenbahn-Bundesamt seinen Sitz. Und ist jetzt wie aus dem Hut gezaubert für den Fördertopf für den Teil des Tunnels unter der Teckbahn zuständig.
Ob die B 465 vierspurig ausgebaut wird, ist nach 20 Jahren Planung auch wieder fraglich. Zurück auf Anfang, lautet die frustrierende Erkenntnis für die ausführenden Organe. „Die Großwetterlage in Berlin und die Bürokratie sind kräfteraubend.“ Dieser Satz des Bürgermeisters sollte sämtlichen Abgeordneten zu Denken geben. Gerade in Zeiten, in denen der Populismus immer mehr Raum und Anhänger gewinnt. Iris Häfner