Jesse Burgmann tritt in die Pedale. Im Gepäck hat er eine Ladung Burger und Kartoffelscheiben. Weil es für Gastronomen jeden Tag neue Einschränkungen gibt, hat er - neben seinem Mittagstisch zum Mitnehmen - kurzerhand das „Burger-Taxi“ ins Leben gerufen. Damit reagiert er ebenso wie andere Weilheimer Restaurants und Bäckereien mit neuen Ideen auf die Ausnahmesituation.
„Wir dachten, das könnte Eltern und Kindern gefallen, die gerade zu Hause sitzen“, geht der Inhaber des „Burgmann‘s“ auf das neue Angebot ein, das gestern an den Start gegangen ist. „Auf Vorbestellung liefern wir im Weilheimer Stadtgebiet und auf dem Egelsberg Burger aus“, sagt er. 50 Bestellungen sind an Tag eins eingetrudelt. Soweit es geht, bringt der Chef das Essen per Lastenrad. Wenn weitere Strecken anstehen oder zu viele Burger parallel gebracht werden müssen, kommt zusätzlich das Auto zum Einsatz. Die Übergabe von Essen und Geld erfolgt natürlich kontaktlos.
Auch Riccardo Nannetti vom Ristorante „Casanova“ in Weilheim steht schon in den Startlöchern. Ein Lieferservice ergänzt ab heute seinen Mittagstisch zum Abholen. Wählen können die Kunden aus drei Pastagerichten. Wer das Haus nicht verlassen kann oder mag und in Weilheim wohnt, kann bei ihm per WhatsApp bestellen.
Brot, Brötchen oder etwas Süßes bringen die Weilheimer Bäckereien nach Hause. Mitarbeiter der Bäckerei Ecker fahren in Weilheim und auf dem Egelsberg zwischen 11 und 14 Uhr Backwaren und Kuchen aus. „Wir wollen Hilfe anbieten für die, die ihr Heim momentan nicht verlassen dürfen“, sagt Verkäuferin Ingrid Mohring.
Auch die Bäckerei Scholderbeck hat einen Bringservice für Menschen in Quarantäne eingerichtet. „Wir bieten ein reduziertes Sortiment an, das wir langfristig hinbekommen - selbst wenn wir in Notbesetzung arbeiten müssen“, erläutert Manuela Hagenmaier aus der Werbeabteilung der Bio-Bäckerei. Fünf Brote, einige Brötchensorten sowie etwas Süßes gibt es zu bestellen. Ausgeliefert wird nach Weilheim und Hepsisau, Neidlingen, Ohmden, Dettingen und Kirchheim inklusive aller Teilorte. Mit den Kunden wird ein Ort vereinbart, an dem sie das Geld deponieren. „Unser Fahrer hängt dann die Brötchen an die Tür und sammelt den Umschlag ein - mit Handschuhen natürlich.“
Betriebe sind in Not
So spannend die neuen Angebote klingen mögen und so sehr sie Menschen helfen, die zu Hause festsitzen - sie sind auch Ausdruck der Not, in denen sich die Betriebe aufgrund der Corona-Krise befinden.
„Wir arbeiten nur noch in der Basisbesetzung und haben Kurzarbeit angemeldet“, berichtet Jesse Burgmann. „Aber bis das Geld kommt, müssen wir Umsatz machen.“ Zwar könne das Burger-Taxi die Einbußen nicht auffangen, die Härten aber mindern. Aus diesem Grund und um Vorräte abzubauen, bietet das „Burgmann‘s“ auch Bolognese-Soße in Weckgläsern und eingeschweißte Maultaschen an.
Im Internet betont die Bäckerei Scholderbeck: „Der Lieferservice ist kein neuer Geschäftszweig, sondern ausschließlich der besonderen Situation geschuldet.“ Damit Mitarbeiterinnen mit Kindern überhaupt noch zur Arbeit kommen können, hat das Unternehmen eine improvisierte Kinderbetreuung im ohnehin geschlossenen Café am Radweg eingerichtet.
Mit der Krise gehen alle Gastronomen anders um. Bei der Ratsstube in Weilheim etwa können Kunden Mittagsgerichte zwischen 11 und 13.30 Uhr abholen oder aktuell auch noch im vorzeitig eröffneten Biergarten an der frischen Luft speisen - mit Essensausgabe aus dem Fenster und genügend Abstand zum Nachbarn.
Ebenfalls geöffnet hat die Weilheimer Sport-Gaststätte „Dolce Vita“. „Viel los ist aber nicht mehr“, sagt Alexander Giovane. Wer mag, kann Pizza auch bestellen und abholen.
Der Gastraum der Weilheimer Gaststätte „Zur Post“ ist zwar geschlossen. Noch gibt es dort aber Mittagstisch zum Abholen. „Den bieten wir so lange an, wie wir es dürfen - und es sich noch rentiert“, sagt Geschäftsführerin Alexandra Raff. Auch sie hat Kurzarbeit angemeldet. Im Hotel sind nur noch eine Handvoll Gäste. Doch so hart sie die Einschnitte auch treffen - verärgert ist Alexandra Raff über etwa anderes: „Ich kann nicht verstehen, dass viele Leute weitermachen wie bisher und einfach nicht zu Hause bleiben.“
Ganz geschlossen
Radikale Konsequenzen gezogen hat Christl Heilemann vom „Christl“ in Weilheim: „Wir haben vorübergehend ganz geschlossen“, teilt sie mit. Gemeinsam mit ihrem Sohn hat sich die Gastronomin viele Gedanken gemacht. Aufgrund der derzeit kursierenden Selbstverpflichtung habe es aus ihrer Sicht aber keine Alternative mehr gegeben. „Wir denken dabei auch an unsere Mitarbeiter und unsere Familien“, sagt Christl Heilemann. Dennoch ist klar: „Das wird für uns alle eine Einschränkung und eine große Herausforderung sein.“