Wirtschaft
„Das deutsche Steuersystem braucht ein Update“

Deutschland gilt als Niedrigsteuerland für Superreiche. Ein Reformvorschlag soll das ändern.

Symbolfoto: Pixabay

Esslingen. Christoph Trautvetter vom „Netzwerk Steuergerechtigkeit“ berichtete im Gewerkschaftshaus Esslingen über die Gerechtigkeitslücke im deutschen Steuersystem und stellte einen Reformvorschlag für mehr Steuergerechtigkeit vor. 

Im globalen Vergleich belegte Deutschland einen Spitzenplatz, wenn es darum geht, über Steuern und Sozialabgaben für Solidarität und sozialen Ausgleich zu sorgen. Die zentrale Schwäche sei dabei aber: Große Sondervermögen und die Vermögenserträge und Erbschaften werden genauso wie Vermögenserträge viel zu niedrig besteuert, so Chris­toph Trautvetter in seinem Vortrag.

Christoph Trautvetter ist Koordinator und wissenschaftlicher Referent für das Netzwerk für Steuergerechtigkeit. Seine Analyse und die des Netzwerks lautet: „Deutschland ist ein Hochsteuerland für Menschen, die für ihr Geld arbeiten, aber Niedrigsteuerland für Superreiche, die einen Großteil ihrer Einkommen aus Vermögen beziehen.“ Vor rund 30 Jahren hätten die BMW-Eigentümer noch etwa 60 Prozent Steuern auf ihre Erträge gezahlt, mittlerweile aber nur noch knapp 25 Prozent. Diese Veränderung resultierte aus der Aussetzung der Vermögensteuer, der Senkung der Unternehmensteuer, der verringerten Besteuerung von angesparten Unternehmensgewinnen und des gesenkten Spitzensteuersatzes. Deutschland besteuere Arbeit zu hoch und Kapital zu niedrig. Das mache wirtschaftlich keinen Sinn, so Trautvetter: „Leistung lohnt sich dann nicht ausreichend. Die niedrigen effektiven Steuersätze auf deutsche Milliardenvermögen drehen den Turbo der Vermögensungleichheit weiter auf. Es ist ein Problem für unsere Demokratie, dass vier Familien so viel Vermögen besitzen wie die ärmere Hälfte und ihr ungeheures Vermögen als politische Einflussmacht nutzen.“

Ein Mix aus Maßnahmen

Trautvetter stellte dazu bei der Veranstaltung in Esslingen den Reformvorschlag des Netzwerks Steuergerechtigkeit vor: „Mit einem ausgewogenen Mix aus Maßnahmen könnte die demokratische Mehrheit für eine gerechtere Besteuerung der Superreichen sorgen, ohne die arbeitende Mitte und die große Mehrheit der kleinen Unternehmen zu belasten.“ Die Bausteine des Vorschlags für ein gerechtes, solidarisches und ökologisches Steuersystem würden vorsehen: Übergewinnsteuer für Großkonzerne, Vermögenssteuer für Superreiche, keine Ausnahmen für Mega-Erbschaften, faire Besteuerung von Immobiliengewinnen und eine ökologische Steuerreform. Insgesamt würden laut Trautvetter die vorgeschlagenen Reformen Zusatzeinnahmen von rund 75 Milliarden Euro erzielen. pm

Weitere Infos zum Thema gibt es unter www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de