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Das Geheimnis hinter den drei Türen

Ausstellung Sie ist nicht groß, die Sonderausstellung im Geschichtshaus Owen zu „125 Jahre Teckbahn“. Aber es lohnt sich, auf die Details zu achten. Sie sagen viel über geschichtliche Fort- und Rückschritte. Von Peter Dietrich

Ausstellung "Wegen einer Handvoll Kirschen..." - 125 Jahre Teckbahn im Geschichtshaus Owen - Holzbahn für Kinder, Ähnlichkeiten mit der Teckbahn sind rein zufällig. Fotos: Peter Dietrich

Was waren unsere Vorfahren schnell. Im September 1861 gab der Landtag grünes Licht für den Bau der Bahnlinie vom damaligen Bahnhof Unterboihingen nach Kirchheim, die erste Privatbahn in Württemberg. Am 8. März 1864 war der erste Spatenstich, am 21. September die Eröffnung. Im selben Jahr, versteht sich. Bis zur Weiterführung nach Oberlenningen vergingen zwar Jahrzehnte, aber auf die Genehmigung im Jahr 1897 folgte schon 1899 die Eröffnung. Das war vor 125 Jahren – der Anlass zur Ausstellung mit dem Titel „Wegen einer Handvoll Kirschen…“, die bis 6. Oktober im Geschichtshaus Owen zu sehen ist. Der Titel stammt aus dem Zitat eines Abgeordneten, der damit im Sommer 1860 seine Zweifel am Bahnprojekt nach Kirchheim ausgedrückt hatte.

In der Ausstellung zeigt ein H0-Modell die frühere Situation am Bahnhof Owen. Das Bahnhofsgebäude der Marke Faller entspricht dem Vorbild und sieht aus wie an vielen anderen Orten im Land auch, denn die Königlich Württembergischen Staat-Eisenbahnen setzten auf eine Systembauweise. In Owen wurde der Typ IIIa gebaut, zweistöckig und elf mal acht Meter groß. Hinzu kam das frei stehende Nebengebäude mit Toiletten, einer Waschküche und einem Raum für die Kleintierhaltung der Bahnhofsbewohner.

Ausstellung "Wegen einer Handvoll Kirschen..." - 125 Jahre Teckbahn im Geschichtshaus Owen

Drei Türen führten vom Bahnsteig in den Bahnhof: Die rechte Tür ging ins Dienstzimmer, die mittlere zum Lager für Pakete. Sie waren früher als „Stückgut“ per Bahn unterwegs, nicht auf der Straße. Die linke Tür führte zu einem geschlossenen Wartesaal, der im Winter beheizt war. Er war allerdings nur für Reisende der 1. Klasse da, hieße heute wohl „DB-PremiumLounge“. Andere Reisende mussten sich mit dem offenen Unterstand begnügen. Im Modell wird gerade eine Schafherde verladen, neben einem Ausweichgleis für Zugbegegnungen und Überholmanöver gab es in Owen ein drittes Gütergleis.

Interessant ist ein Blick auf die historischen Fahrpläne. Im Jahr 1900 dauerte die Fahrt von Unterboihingen nach Oberlenningen eine knappe Stunde. Im Jahr 1948 war in einer knappen Stunde schon die Strecke von Plochingen nach Oberlenningen zu schaffen, ohne Umstieg. Wer im Jahr 1991 um 8.15 Uhr am Stuttgarter Hauptbahnhof ein- und in Wendlingen umstieg, war um 9.22 Uhr in Oberlenningen. Bisher wurden die Verbindungen immer schneller, doch dann ging es rückwärts: Heute braucht die Fahrt von Stuttgart nach Oberlenningen mit der S-Bahn und Umstieg in Kirchheim wieder eine Stunde und elf Minuten, also vier Minuten länger als im Beispiel vor 33 Jahren. Dafür war ein Stunden- oder Halbstundentakt vor Jahrzehnten noch ein Fremdwort. Auf der Stichstrecke nach Weilheim fuhren vor der Stilllegung im Jahr 1982 zuletzt lediglich vier Zugpaare am ganzen Tag.

Ausstellung "Wegen einer Handvoll Kirschen..." - 125 Jahre Teckbahn im Geschichtshaus Owen - Modell des Bahnhofs Owen mit den ursprünglichen Gleisen, der alte Märklin-Schienenbus ist ein Klassiker aus vielen Kinderzimmern, viel detaillierte neue Modelle sind aber in der Ausstellung ebenfalls zu sehen.

Die verschiedenen Zuggarnituren, die auf der Teckbahn unterwegs waren, sind sowohl als Modelle der Spurweite H0 als auch auf schönen Fotos von Dietmar Beilharz und Dirk Übbing zu sehen. Der Dampfbetrieb auf der Strecke endete 1962. Von 1955 bis 1973 waren auf der steigungsreichen Strecke einmotorige Schienenbusse der Baureihe 795 unterwegs, die in der stärksten Motorvariante (ab 1962) gerade einmal 150 kW (204 PS) leisteten. Von 1960 bis 1978 kam die zweimotorige Variante Baureihe 798 hinzu. Von 1978 bis 2008 wechselte bei den „Silberling“-Garnituren hauptsächlich die Lackierung, die Wagen wurden mit der Zeit bunt angemalt. Vorne zog oder hinten schob eine Diesellok, bis 1996 eine Baureihe 212. Heute haben die Regio-Shuttle das Monopol. Der Güterverkehr liegt darnieder, nach der Insolvenz der Papierfabrik Scheufelen in Oberlenningen im Jahr 2018 blieb nur Schrott-Bosch in Dettingen als interessierter Güterkunde.

In Erinnerungen schwelgen

Jüngere können in der Ausstellung mit einer Holzeisenbahn spielen, Ältere ihre Erinnerungen auffrischen. Etwa an die Situation in Wendlingen, als der Zug nach Oberlenningen noch neben dem früheren Hotel Keim abfuhr und beim Umstieg die Straße zu überqueren war. Oder sie können früher und heute vergleichen. Ein Foto zeigt den Bahnübergang an der Beurener Straße in Owen, in den 1930er-Jahren nur mit einem doppelten Andreaskreuz gesichert, ohne Hupe und Blinklichter. Das ginge heute natürlich nicht mehr. Aber ob es ein XXL-Ausbau sein muss, als ob eine große Bundesstraße den ICE kreuzt, das hat sich schon mancher kopfschüttelnde Betrachter gefragt.

Info Das Geschichtshaus in Owen (Kirchheimer Straße 51)  ist samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet, für Gruppen nach Vereinbarung.