Eigentlich wäre es ja eine reine Routineangelegenheit gewesen, die 211. Verwaltungsratssitzung des Zweckverbands Gruppenklärwerk Wendlingen. Aber die Entscheidung der Kirchheimer Wähler vom 1. Dezember hat die gestrige Sitzung in Wendlingen zu einem besonderen Termin werden lassen: Zum letzten Mal hat Angelika Matt-Heidecker eine solche Sitzung in ihrer Eigenschaft als Verbandsvorsitzende geleitet. Mit ihrem Ausscheiden aus dem Amt als Kirchheimer Oberbürgermeisterin zum 1. März ist nämlich auch ihr Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat des GKW verbunden.
Ziemlich genau neun Jahre lang hat Angelika Matt-Heidecker den Zweckverband als Vorsitzende geführt. An zahlreiche wegweisende Veränderungen in dieser Zeit erinnerte nun ihr Erster Stellvertreter, Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel. Sein Fazit: „Unter der Leitung von Angelika Matt-Heidecker war das Gruppenklärwerk ein schon sehr früh nachhaltig denkendes Unternehmen.“ Als Beispiele dafür nannte er die vierte Reinigungsstufe, die Anfang 2013 auf den Weg gebracht worden war - „zu einem Zeitpunkt, als die meisten Kläranlagen noch weit entfernt waren von dieser Nachhaltigkeitsentscheidung.“
Das habe sich letztlich sogar finanziell ausgezahlt: Für die acht Millionen Euro Investitionskosten für die vierte Reinigungsstufe, die im Juli 2018 in Betrieb ging, hat der Zweckverband Gruppenklärwerk vom Land Baden-Württemberg Zuschüsse von mehr als 1,6 Millionen Euro erhalten. In diesem Fall hat also tatsächlich der „frühe Vogel“ den Wurm gefangen, denn Steffen Weigel führte weiter aus: „Alle diejenigen, die erst jetzt auf diesen Nachhaltigkeitsweg gehen, werden mit weniger oder gar keinen Fördermitteln zurechtkommen müssen.“
Noch früher dran war das GKW bei der Suche nach Einsparpotenzial in der Energieversorgung: Bereits 2011 - als sowohl die Verbandsvorsitzende als auch der Geschäftsführer Rainer Hauff ihre aktuellen Tätigkeiten für den Zweckverband begonnen haben - wurde eine Energie-Effizienz-Analyse in Auftrag gegeben. Deren Ergebnis konnte sich sehen lassen: Pro Jahr ließen sich dadurch 409 000 Kilowattstunden oder rund 230 Tonnen CO2 einsparen.
„Vorreiter in vielen Dingen“
Angelika Matt-Heidecker selbst bekannte sich auch zum Abschied noch einmal zum Prinzip der Nachhaltigkeit: Wir können stolz darauf sein, dass wir hier Vorreiter sind in vielen Dingen.“ Das GKW sei auch für die Zukunft bestens gerüstet und strategisch richtig aufgestellt. An diesem kommunalen Zweckverband könnte sich manches Unternehmen der freien Wirtschaft ein Beispiel nehmen. Ein weiterer Schritt zur Nachhaltigkeit sei bereits auf den Weg gebracht - mit der Klärschlammverbrennung und Phosphorrückgewinnung in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Böblingen.
Auch weitere wegweisende Entscheidungen hat der Verwaltungsrat gestern diskutiert oder gar auf den Weg gebracht, denn eigentlich war es ja eine ganz normale Sitzung: So werden knapp 400 000 Euro in die Sanierung von 13 Regenüberlaufbecken investiert. Außerdem hat sich das Gremium mit einer Studie befasst, die aufzeigt, wie sich das Gebiet der bisherigen Sammelkläranlage Bissingen/Nabern künftig in den Einzugsbereich des GKW eingliedern lässt. Letztlich müssen darüber einmal die Gemeinderäte Kirchheims und Bissingen entscheiden.