Zwischen Neckar und Alb
„Das ist der schönste Job der Welt“

Entertainment Isabell Plaue ist Sängerin und Traurednerin. Durch Corona sind viele Aufträge weggebrochen. Mit „singenden Telegrammen“ steuert sie gegen. Von Andreas Warausch

Isabell Plaue - da war doch was. In der Pro-7-Castingshow „Voice of Germany“ begeisterte sie einst Jury und Publikum. Der Musik ist die gebürtige Nürtingerin, die nach einem zehn­jährigen Stuttgarter Intermezzo nach Neuffen gezogen ist, treu geblieben. Als Künstlerin ist Isabell Plaue freilich von den Corona-Einschränkungen besonders betroffen. Sie lässt sich aber nicht unter­kriegen: Die Sängerin und Traurednerin ist auch im Lockdown mit dem „singenden Telegramm“ unterwegs und bringt damit Musik und Freude an die Haustür.

Die Teilnahme an „Voice of Germany“ sei damals für sie sehr gut gewesen. Ihr Bekanntheitsgrad habe sich enorm gesteigert. So konnte sie sich weiterentwickeln, schreibt jetzt auch eigene Songs, auch für andere ­Musiker. Mit ihrem Partner Jochen Schild ist die 35-Jährige als Duo ­„Unisono Music“ unterwegs, bei mannig­faltigen Events, Geburtstagen, Firmenfeiern - oder natürlich auch bei Hochzeiten.

Und dann war da eben diese eine Hochzeit: Plaue war als Sängerin gebucht, aber: „Die Traurednerin kam nicht.“ Die Verzweiflung bei den Hochzeitern war groß. Und da ist Isabell Plaue spontan eingesprungen. Es war der Start einer Parallel-Karriere. Von beiden Jobs könnte sie gut leben. Von zwei Traumjobs spricht sie.

Doch dann kam 2020. „Das wäre mein Jahr gewesen“, schaut sie zurück. Für viele Hochzeiten war sie gebucht. Doch im März das letzte Engagement - und die erste Absage. Schlagartig war mit dem Lockdown alles vorbei. Absagen, Verschiebungen. Böses Blut. Keiner kannte die rechtliche Lage so richtig. Sie telefonierte mit Ämtern. Hörte, dass für sie ja kein Berufsverbot bestehe - also greife die Stornoregelung, was viele Kunden nicht verstehen wollten. Aber irgendwie musste es auch für sie weitergehen.

Ja, es muss weitergehen. Schon im März war schnell eine neue Idee geboren: das „singende Telegramm“. „Das ist die Idee von vier Mädels“, berichtet sie. Die Gruppe von Sängerinnen und Traurednerinnen aus Stuttgart, Schwäbisch Gmünd, dem Allgäu und eben Neuffen hatte sich via sozialer Medien zusammengetan, um sich gegenseitig bei der Beantragung der Coronahilfen zu helfen.

Eine musikalische Botschaft

„Jetzt geht es von Haustür zu Haustür“, sagt Isabell Plaue. Natürlich unter Berücksichtigung der Coronaregeln. Sie wird beauftragt, um geliebten Menschen eine musikalische Botschaft zu bringen. Sie klingelt, überbringt Grüße, singt aus ihrem großen Repertoire, mit Instrumentierung aus der Konserve. „Das sind superschöne Erlebnisse“, berichtet sie.

Sie kann auch ein Präsent mitbringen, und oft hat sie auch ein Grußwort dabei. Da gibt es oft einen Kloß im Hals, fließen Tränen der Rührung. Doch nicht nur die Beschenkten sind glücklich, die Sängerin auch. Selbst rauszu­kommen aus dem Corona-Tief, das war ihr wichtig: „Das hat mich gerettet.“ Auch wenn es finanziell nicht so viel einbringt.

Am Muttertag zum Beispiel hatte sie elf Telegramme zu singen, im Sommer nur einzelne. Da waren ja mehr Kontakte möglich. Weihnachten fiel krankheitsbedingt für sie aus. „Jetzt geht es wieder los“, sagt sie. Nicht nur am nahenden Valentinstag. Jeder Tag ist gut, um einem anderen ein Lächeln - oder eben auch eine Träne - ins Gesicht zu zaubern. Übrigens kann sie das singende Telegramm auf Wunsch auch per Videotelefonie ins Haus bringen.

Wer Isabell Plaue von ihrem musikalischen Postdienst erzählen hört, glaubt ihr, wenn sie sagt: „Für mich ist der Beruf als Sängerin und Traurednerin der schönste Job der Welt.“ Behalten will sie ihn: „Ich will keinen anderen.“ Und sie ist auch voller Hoffnung auf Besserung der Lage.

Doch manchmal sei es schwer, optimistisch zu sein, räumt die Mutter zweier Kinder ein. „Es fehlt mir ein bisschen die Perspektive.“ Die Aussicht auf ein Licht am Ende des Tunnels. Auf ein Ende der Pandemie. Und dann tun sich noch neue Fragen auf: Werden die Menschen wieder feiern wollen wie vorher? Und wenn ja, wird auch das Geld dafür da sein? Denn sie weiß: Für viele ist Kultur, ist Kunst ein Luxus.

Manche Termine für den kommenden Sommer wurden schon abgesagt. Sie weiß von einem Brautpaar, dessen dritter Hochzeitsversuch bald anstehen würde. Aber: „Vielleicht heiraten die gar nicht mehr.“ Auch dass die staatlichen Überbrückungshilfen nicht immer reibungslos fließen, entmutige sie und viele Kollegen manchmal: „Das läuft nicht rund.“ Dennoch wird Isabell Plaue dranbleiben. Denn: „Ich mache mit Leidenschaft Musik.“