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„Das ist eine Chance, die man ergreifen muss“

Karriere Der Notzinger Bürgermeister Sven Haumacher will Oberbürgermeister von Vaihingen an der Enz werden.

Notzingen. Sven Haumacher ist seit zehn Jahren Bürgermeister von Notzingen. In diesem Amt war er damals ein Quereinsteiger. Auf seiner kürzlich freigeschalteten Internetseite zur Oberbürgermeister-Wahl erklärt der gebürtige Markgröninger, es sei nie ein konkretes Berufsziel gewesen, Bürgermeister zu werden, „ich habe diesen Schritt aber nie bereut.“

2011 wurde der Diplom-Verwaltungswirt-Polizei und Volljurist erstmals zum Rathauschef in der 3650-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Esslingen gewählt, 2019 hat er erneut kandidiert und wurde im Amt bestätigt. Eigentlich lägen noch sechs weitere Jahre seiner zweiten Amtszeit vor ihm, doch der 45-jährige Rathauschef strebt nach Höherem: Am 3. Juli möchte er gern Oberbürgermeister der gut 30 000 Einwohner zählenden Großen Kreisstadt Vaihingen an der Enz werden.

Das war kein spontaner Entschluss, wie Sven Haumacher erläutert: „Als der amtierende Vaihinger Oberbürgermeister Gerd Maisch 2019 ankündigte, Landrat des Landkreises Ludwigsburg werden zu wollen, hätte ich bei der dann für 2020 geplanten OB-Wahl kandidiert.“ Daraus wurde allerdings nichts, Maisch blieb Oberbürgermeister. „Vor einigen Monaten kündigte er an, nach Ablauf seiner zweiten Amtsperiode nicht mehr erneut kandidieren zu wollen. Da war für mich klar, dass ich es versuche. Vaihingen ist eine Chance, die man ergreifen muss“, sagt Haumacher. Im Laufe seiner bisher zehn Notzinger Amtsjahren habe es bereits mehrere Anfragen aus anderen Städten und Gemeinden für eine Kandidatur bei deren Bürgermeister- und Oberbürgermeister-Wahlen gegeben, „es muss aber einfach vom Ort her passen, gerade auch für die Familie“, so der 45-jährige Familienvater. Das sei mit Vaihingen der Fall. Aufgewachsen im nahegelegenen Markgröningen, wo die Eltern leben, sei er mit der Region verwurzelt.

Am 5. April habe er seine Notzinger Mitarbeiter und den Gemeinderat über sein Vorhaben informiert, vier Tage später hat Haumacher als erster Kandidat seine Bewerbung abgegeben. Am 7. Juni endet die Bewerbungsfrist. „Vaihingen ist eine sehr attraktive Stadt“, sagt Haumacher, der schon seit Längerem vor Ort präsent ist, sich informiert, Kontakte knüpft. Seinen Wahlkampf bestreite er allein, auch die Wahlflyer will er selbst an die rund 
11 000 Haushalte austragen.

Wird er am 3. Juli zum neuen Oberbürgermeister gewählt, startet seine Amtszeit am 1. September. „Voraussichtlich fänden dann im Herbst Bürgermeisterwahlen in Notzingen statt“, erklärt der amtierende Rathauschef. Für diesen Fall sei er überzeugt, dass die Zeit, bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden ist, gut durch die Verwaltung überbrückt werden könne: „Ich war auch zwei Monate in Elternzeit, das hat bestens funktioniert.“

Eigentlich überqualifiziert

Zehn Jahre als Bürgermeister einer Gemeinde halte er für einen guten Zeitpunkt, um einen Wechsel an der Verwaltungsspitze zu ermöglichen: „Ich halte mich nicht für unersetzlich.“ Es sei immer gut, nach einer gewissen Zeit auch mal etwas Neues anzufangen, „zumal ich als Volljurist für eine so kleine Kommune eigentlich überqualifiziert bin.“ Vaihingen/Enz mit gut 30 000 Einwohnern sei da schon eine andere Liga und eine gute Möglichkeit, sich beruflich weiterzuentwickeln. „Eine Großstadt wäre dagegen nichts für mich“, erklärt Haumacher. Die Gemeinde Notzingen stehe insgesamt gut da, viele Projekte seien bereits abgeschlossen, die Finanzlage sehr gut: „Ich kann mich guten Gewissens neuen Herausforderungen widmen. Klappt es mit der Oberbürgermeister-Wahl nicht, führe ich meine Amtszeit in Notzingen natürlich weiter. Am Abend des 3. Juli ist man dann schlauer.“

Parallel zum Wahlkampf, für den er 61 Urlaubstage reserviert hat, führt Haumacher seine Aufgaben in der Notzinger Verwaltung weiter. Ein Großprojekt sei etwa die weitere Planung für den Neubau des Feuerwehrgerätehauses: „Gebaut wird da aber erst im kommenden Jahr.“ Katja Eisenhardt

 

Stimmen zur Kandidatur Sven Haumachers

Hans Prell, Fraktionsvorsitzender der UKW meint: Gerade bei jüngeren Bürgermeistern ist es nicht unüblich, dass sie Erfahrungen in einer kleineren Kommune sammeln, um sich dann in größeren Städten zu bewerben. Daher ist es nicht überraschend, dass Haumacher sich nun in einer größeren Kommune bewirbt. Allein die Tatsache, dass für die Suche nach einem geeigneten Bewerber für Notzingen mehr Zeit zur Verfügung steht, bedeutet nicht, dass deswegen bessere Kandidaten gefunden werden. Notzingen ist eine lebens- und liebenswürdige Gemeinde mit engagierten Bürgern und Bürgerinnen, vielfältigen Vereinen, einer motivierten Verwaltung, einem konstruktiv über Fraktionsgrenzen hinaus zusammenarbeitenden Gemeinderat und einer guten Haushaltssituation. Als attraktive Gemeinde werden sich daher auch in einer kürzeren Zeit geeignete Kandidaten finden lassen beziehungsweise in Notzingen bewerben. Bereits während der Elternzeit von Herrn Haumacher war es dank der gut aufgestellten Verwaltung möglich, die Vertretung des Bürgermeisters zu organisieren. Sollte in Notzingen eine Bürgermeisterwahl anstehen und ein paar Monate deswegen bis zur Einsetzung eines neuen Bürgermeisters/einer neuen Bürgermeisterin zu überbrücken sein, wird dies erneut gut bewältigt werden können.

Ulrich Blattner, Fraktionsvorsitzender SPD sagt zu der Bewerbung Sven Haumachers auf den Oberbürgermeister-Posten in Vaihingen an der Enz: Es bleibt jedem selbst überlassen, sich zur Wahl zu stellen. Das ist Demokratie und muss respektiert werden, wenn auch die Amtszeit noch sechs Jahre dauern würde. Warten wir ab, wie die Wahl in Vaihingen an der Enz ausgeht, dann werden wir entscheiden, wie es in Notzingen weitergeht. Eins ist sicher: Notzingen wird in der bürgermeisterlosen Zeit nicht führungslos sein. Wir wünschen Sven Haumacher zur Wahl viel Glück und drücken ihm alle vier Fraktionsdaumen.

Alfred Bidlingmaier, Fraktionsvor­sitzender CDU: Die Bewerbung für die Stelle des Oberbürgermeister in Vaihingen ist für Haumacher eine Chance, sich beruflich weiterzuentwickeln. Ein weiterer Anreiz für ihn ist, näher an seine Heimat rücken zu können. Zur Demokratie gehört, dass Mandatsträger wechseln und sich für andere Aufgaben bereitstellen. Wir wünschen ihm Erfolg. Sollten die Bürger von Vaihingen eine andere Entscheidung treffen, werden wir in Notzingen weiter sachlich zusammenarbeiten. Kommunalpolitik funktioniert nur erfolgreich im Zusammenspiel und auf Augenhöhe der drei Säulen Bürgermeister, Gemeinderat und Gemeindeverwaltung. eis