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Das Kinole in Weilheim will die Kultur wieder ankurbeln

Engagement Vor Corona erlebte der Verein Kino Kunst Kultur Weilheim einen echten Höhenflug. Dann wurde es still. Jetzt will der Verein die ehrenamtliche Kulturszene im Städtle wieder ankurbeln. Von Bianca Lütz-Holoch

Es war, als fiele der Vorhang: Mit dem Beginn der Pandemie endete quasi über Nacht der Höhenflug des Vereins Kino Kunst Kultur Weilheim (DreiKW). „Vor Corona hatten wir 150 bis 180 Events pro Jahr“, erzählt der erste Vorsitzende des Vereins, Jens Reichardt. Alle waren gut besucht, manche lockten sogar Massen an, etwa das „Musiknächtle“ oder das Open-Air-Kino auf dem Bertoldsplatz im Jahr des Weilheimer Stadtjubiläums 2019. „Damals hatten wir eher schon überlegt, wie wir reduzieren können“, erinnert sich Jens Reichardt kopfschüttelnd zurück. Ein Luxusproblem, wie er und sein Vorstandsteam heute wissen. Denn von Corona hat sich das Kinole – ebenso wie zahlreiche andere Kultureinrichtungen und -vereine im ganzen Land – bis heute nicht erholt.

 

Während der Pandemie haben sich alle
diese riesigen Fernseher zugelegt.
Jens Reichardt
Der 3KW-Vorsitzende über ein Phänomen, das die Kinos zu spüren bekommen.

 

Ein Beispiel ist das Kinderkino. „Dafür ist das Kinole ja eigentlich prädestiniert“, sagt Sabine Reich, zweite Vorsitzende des Vereins. Der Vorführungsraum in der Häringer Straße ist klein und heimelig und versprüht mit den roten Plüsch-Klappsitzen und der Popcorn-Maschine trotzdem echten Kino-Charme. „Aber es gibt Tage, da kommen gerade mal drei Kinder“, so Reich. Eine Zahl, die in keinem Verhältnis zum Aufwand steht: „Wir bereiten vor, begrüßen die Kinder mit Handpuppen, machen Popcorn und müssen danach wieder putzen und aufräumen“, sagt Schriftführerin Sandra Schöne, die das Kinderkino zusammen mit Sabine Reich anbietet – komplett ehrenamtlich, versteht sich.

Das Kinderkino ist kein Einzelfall. Auch bei anderen Filmvorführungen und vor allem Konzerten erscheinen längst nicht mehr so viele Menschen wie früher. Über die Gründe können Jens Reichardt und sein Team nur spekulieren. Zum einen stellen sie allgemein einen Rückzug ins Private fest. „Während der Pandemie haben sich alle diese riesigen Fernseher zugelegt“, so der erste Vorsitzende. Sprich: Statt ins Kino zu gehen wird jetzt zuhause im Wohnzimmer gestreamt. Vor die Türe locken lassen sich viele nur noch von den ganz großen Events, zahlen Hunderte Euro pro Karte und fahren dafür auch nach Frankfurt, München oder Köln. Die kleineren, lokalen Konzerte spart man sich. „Und die jungen Leute wollen nur noch die neuesten Blockbuster sehen, die in den Multiplex-Kinos laufen und die wir hier aus Lizenzgründen so aktuell gar nicht zeigen dürfen“, fügt Sabine Reich hinzu.

Noch Plätze frei bei den Konzerten

Was die Ehrenamtlichen auch feststellen: Die Verlässlichkeit hat nachgelassen. „Viele melden sich an und kommen dann nicht oder sagen kurz vorher ab – das ist schon krass“, so Reichardt. „Früher hatten wir hier eher Clubatmosphäre. Das gibt es nicht mehr.“ Geblieben ist die Begeisterung des Teams: „Uns macht das einen Riesenspaß hier“, betont Sabine Reich.

In einigen Bereichen ist die Nachfrage auch nach wie vor da. „Unsere Frauenfilmabende etwa kommen gut an“, sagt Sandra Schöne. Und alles, was die Gäste zum Lachen bringt. Das zeigt sich gerade wieder bei den sechs Veranstaltungen, die der Verein 3KW zur „Kulturzeit Weilheim“, der kulturellen Sommerreihe der Zähringerstadt, beiträgt. Die beiden Comedy-Acts sind quasi ausverkauft. „Bei den Konzerten dagegen sind noch Plätze frei“, sagt Sandra Schöne – auch beim Top Act, dem Auftritt der Singer-Songwriterin Pe Werner.

Ehrenamtliche gesucht

Ebenfalls neuen Schwung wünscht sich der Verein beim ehrenamtlichen Engagement: Vor Corona waren rund 20 Helfer im Kinole aktiv, jetzt sind es noch zehn. Entsprechend gibt es manche Angebote nicht mehr: das Frühstückskino mit Häppchen oder das Nachmittagskino für Ältere mit Kaffee und Kuchen zu Beispiel. „Deshalb suchen wir dringend Helfer“, sagt Sabine Reich. Gefragt sind Ehrenamtliche für die Organisation und die Bar, aber auch Leute, die backen oder Fingerfood zubereiten. Und Menschen, die ganz neue, kulturelle Ideen mitbringen und sie dann umsetzen. Auch unkonventionelle Formate haben im Kinole Platz. „Wir hatten zum Beispiel schon jede Menge Tastings“, sagt Jens Reichardt. Verkostet wurde und wird nicht immer Whisky und Wein, sondern auch mal Honig, Edelmost oder Armagnac. Ein Renner ist „Prosecco und Dessous“, bei dem zu Schaumwein Unterwäsche präsentiert wird. In die Kategorie „schräg und witzig“ fiel „Comic meets Märchen“: Comic-Zeichner Rüdiger Anderka brachte live Märchen-Comics zu Papier, dazu gab es eine Lesung und Live-Geräusche. 

Ein reiner Veranstalter ist der Verein Kino Kunst und Kultur Weilheim nicht. „Wir sind eine Plattform“, sagt Jens Reichardt. So können Privatleute und Vereine das Kinole für Veranstaltungen und Filmvorführungen mieten. Künstler haben außerdem Gelegenheit, dort ihre Bilder für einige Wochen kostenlos auszustellen.

 

Pe Werner, Schwabenrock und Dinner in Weiß

Zur Sommerreihe „Kulturzeit“ in Weilheim trägt der 3KW-Verein sechs Veranstaltungen bei. Top-Act ist „Pe Werner – Best of!“ am Samstag, 15. Juli, um 20 Uhr im Löwensaal beim Christusbund Weilheim. Die restlichen Veranstaltungen finden in der Schlossscheuer statt. Am Freitag, 14. Juli, sorgen die Gescheidles mit ihrem Comedy-Programm „Naseweiß“ für Stimmung“. Am Sonntag, 16. Juli, um 19 Uhr spielen „keys&strings“ Jazz, Chansons und Pop. Rockig wird es am Wochenende drauf: Am Freitag, 21. Juli, liefern Roman Spilek und Band groovige Gitarren-Musik aus den Sparten Blues, Rock und Pop. Am Samstag, 22. Juli, um 20 Uhr unterhalten „So semmer halt“ mit Schwabenrock, Wortwitz und einer Hommage ans Weizenbier. Den Abschluss macht Kabarettist Werner Koczwara am Sonntag, 23. Juli um 19 Uhr mit seinem Programm „Mein Schaden hat kein Gehirn genommen“. Karten gibt es bei „Das Buch“ in Weilheim, per E-Mail an reservierung@dreikw und an der Abendkasse.

Das neue Herbstprogramm des Vereins ist gerade in Druck. Den Auftakt macht am Samstga, 2. September, das beliebte „Dîner en Blanc“ unter den Kastanien vor der Weilheimer Peterskirche. Einmal im Monat finden die „Hautnahkonzerte“ unterschiedlicher Künstler statt. Regemäßig gibt es zudem das Montagskino, das Kinderkino und die Frauen-Kinoabende „Starke Frauen“, bei denen Filme über außergewöhnliche Protagonistinnen gezeigt werden. Am 15. Oktober ist ein Theaterworkshop angesetzt, aus dem eine feste Theatergruppe entstehen könnte. Zum Kult-Film „Die Feuerzangenbowle“ am 17. November wird in Frack und Zylinder Bowle gereicht. Ein Tasting am 25. November rundet das Programm ab. 

Kindertheater bietet darüber hinaus die Stadtbücherei Weilheim bei der Kulturzeit Weilheim in der Schlossscheuer an. Am Samstag, 15. Juli, um 15 Uhr gibt es „Die Bremer Stadtmusikanten“ und am Samstag, 22. Juli, um 15 Uhr „Auf der Wiese ist was los“.