Lenninger Tal
Das Mädchen an der Motorsäge

Hobby Wer von Axt und Säge spricht, denkt an Männer, Schweiß und Muskeln. Nicht an Frauen – blond, zierlich. Und doch ist Nadine Münzenmaier als Sportholzfällerin überregional erfolgreich. Von Christina Hölz

Kaum jemand würde hinter dieser Frau eine Top-Athletin in einer der kraftraubendsten Sportarten überhaupt vermuten - so, wie Nadine Münzenmaier aussieht: blond, zart und gerade etwas mehr als 60 Kilo schwer bei einer Körpergröße von 1,65 Metern.

Hart, ganz hart? Nicht die Landwirtin aus Neuffen. Zum Sportholzfällen kam die einstige Reiterin Nadine Münzenmaier nämlich, weil sie den Tod ihres Pferdes nur schwer überwinden konnte. „Ich wollte meine Stute nicht einfach ersetzen, also habe ich mir ein neues Hobby gesucht“, erzählt die 31-Jährige.

Gut drei Jahre ist es her, da informierte Nadine Münzenmaier ihre erstaunten Eltern, sie gedenke in Zukunft mit Axt und Säge zu hantieren. Drei Jahre, in denen sich die Neuffenerin einen Namen erarbeitet hat in einer Branche, die bis heute vor allem den Männern vorbehalten ist. Wer denkt beim Holzfällen nicht an muskelgestählte Waschbrettbauch-Helden, die sich im Hollywood-Western lässig das Karohemd vom Oberkörper streifen? Das ist jedoch ein Klischee.

Nadine Münzenmaier trägt Schildmütze, T-Shirt und Sicherheitshose. Dafür kann das Mädchen an der Motorsäge schon einige Titel aufweisen: Erst vergangene Woche bejubelte die Landwirtin einen dritten Platz bei den Deutschen Meisterschaften der Sportholzfällerinnen im thüringischen Oberhof.

Vor mehr als 2500 Zuschauern hatte sich die Neuffenerin in der Oberhof-Arena mit den besten Athletinnen des Landes gemessen. Action, Adrenalin und packende Duelle an Axt und Säge waren an der Tagesordnung. Nadine Münzenmaier startete in ihrer Paradedisziplin, der Motorsäge - „Stock Saw“ - und stellte in der Axt-Disziplin - „Underhand Chop“ - sowie an der Zugsäge neue persönliche Bestzeiten auf. In der Gesamtwertung schaffte sie es schließlich aufs Podium.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Neuffenerin vorne mitmischt. Die 31-Jährige zählt derzeit zu den erfolgreichsten Sportholzfällerinnen, auch international gesehen: Im Juli erst stellte Nadine Münzenmaier bei einem Wettkampf in Dinslaken einen neuen Weltrekord an der Motorsäge auf.

Wie schafft die Frau das alles? Ein Faible für Männerdomänen hat die Blondine schon länger. Auch was das Berufliche angeht. Münzenmaier arbeitet für die Universität Hohenheim auf dem agrarwissenschaftlichen Versuchsbauernhof „Unterer Lindenhof“ bei Eningen. Dort kümmert sie sich um die Schweinezucht und alles, was dazu gehört.

Doch wenn die Landwirtin Feierabend hat, geht es zu Hause in Neuffen weiter: Auf dem Bauernhof ihrer Eltern, der „Viehweide“, schaut Nadine Münzenmaier nach den Rindern auf der Weide, füttert die Pensionspferde und packt dort an, wo sie gebraucht wird.

Zuviel des Guten? „Nicht wenn’s Spaß macht“, sagt die junge Frau. Denn Hobbys findet sie in der Landwirtschaft immer wieder: Auf dem heimatlichen Hof kam sie erst zum Reitsport. „Das ist meine eigentliche Leidenschaft“, sagt sie. Den Sport gab sie aber auf, nachdem ihre Stute Karissa eingeschläfert werden musste. Zufällig sah sie danach auf einer Messe eine Vorführung im Sportholzfällen. „Da hat es Klick gemacht.“

Auch als „Kalendergirl“ dabei

Faszination allein reicht jedoch nicht aus für einen Exotensport wie diesen. Um mit den schweren und kostspieligen Sportgeräten hantieren zu können, braucht es Kraft, Kondition und Technik. „Geschick gehört ebenfalls dazu“, sagt Nadine Münzenmaier. Dafür trainiert sie viermal die Woche mit den Geräten auf dem elterlichen Hof. Über den Winter kommen noch Hanteln und andere Elemente aus dem Kraftbereich dazu. Eigentlich sollte die Landwirtin auch im Fitnessstudio schwitzen, doch dafür reicht die Zeit momentan nicht. Obwohl Nadine Nadine Münzenmaier täglich zeigt, wie viele Aufgaben in einen Tag gepackt werden können.

Und neben den ganzen Männerjobs ist die 31-Jährige aber doch durch und durch Frau geblieben: Auch im Bäuerinnenkalender haben viele die Fotos der Neuffenerin schon bewundern können.