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„Das passt nicht zum ​​​​​​Ernst der Lage“

Reaktion Der Esslinger Landrat Heinz Eininger zeigt sich ernüchtert von den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels diese Woche in Berlin. Es fehle an einem dauerhaft wirksamen System. Von Bernd Köble

Pauschal mehr Geld, aber keine konkrete Aussage dazu, wie die Kosten künftig geregelt werden. Die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels am Mittwochabend im Kanzleramt haben in Landkreisen und Kommunen deutschlandweit für Enttäuschung gesorgt. Es sei ernüchternd, wenn der Bund sich nicht über die bereits zugesagten Mittel hinaus an den täglich wachsenden Kosten beteilige, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag in Baden-Württemberg.

Im Esslinger Landratsamt teilt man diese Auffassung. Er erkenne zwar an, dass der Bund den Ländern für 2023 eine zusätzliche Milliarde Euro zur Entlastung der Kommunen zur Verfügung stellen möchte, äußert sich Landrat Heinz Eininger zum Ergebnis. Es bedürfe aber auch in finanzieller Hinsicht ein auf Dauer angelegtes System, das wirksam greift – ohne ständig wiederkehrende Krisengipfel. „Zum Thema Geld gehört für mich auch die dauerhafte und vollständige Übernahme der Unterbringungskosten für anerkannte Flüchtlinge,“ sagte Eininger

 

„Entscheidungen werden auf die lange Bank geschoben.
Heinz Eininger
Der Esslinger Landrat zum nächsten geplanten Flüchtlingsgipfel im Herbst.
 

gegenüber dem Teckbote. Geld sei nur das eine, es brauche eine Reihe weiterer Maßnahmen in der Flüchtlingspolitik. Dazu gehört für den Esslinger Behördenchef eine nachhaltige Begrenzung der irregulären Migration. Eininger: „Diejenigen, die erkennbar kein Bleiberecht erhalten werden, müssen zurückgeführt werden können, bevor sie auf die Landkreise und Kommunen verteilt werden“. Ohne wirksame Begrenzung werde es nicht möglich sein, allen Geflüchteten einen Platz zu bieten, „geschweige denn, die Menschen zu integrieren und ihnen somit gute Startmöglichkeiten zu bieten“. Unzufrieden zeigt sich Eininger auch darüber, dass bei diesem Flüchtlingsgipfel Entscheidungen auf die lange Bank geschoben worden seien. „Dass passt nicht zum Ernst der Lage.“

Anfang Mai waren im Landkreis Esslingen 7838 Menschen registriert, die seit Beginn des Krieges im Februar vor einem Jahr aus der Ukraine geflüchtet sind. Gleichzeitig kommen derzeit zwischen 70 und 100 Personen jeden Monat aus anderen Herkunftsländern wie Syrien, Afghanistan oder der Türkei im Landkreis an, die auf Gemeinschaftsunterkünfte im gesamten Kreisgebiet verteilt werden müssen. Seit Jahresbeginn bis Ende April hat der Kreis 480 Asylsuchende neu aufgenommen. Insgesamt 2081 Plätze stehen im Moment in kreisweit 27 Sammelunterkünften zur Verfügung. Die Einrichtungen, so heißt es aus dem Landratsamt, seien ausgelastet.

 

Rund ein Drittel verzichtet auf Geld

Die Bruttoausgaben des Landkreises für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für nicht-ukrainische Geflüchtete beliefen sich im vergangenen Jahr auf 36,6 Millionen Euro. Nach Abzug der vom Land zu erwartenden Erstattungen muss der Landkreis noch etwa 3,5 Millionen Euro selber tragen. Darin nicht enthalten sind Aufwendungen für Integration und Betreuung sowie auch die Aufwendungen für ukrainische Geflüchtete nach dem erfolgten Rechtskreiswechsel. Diese Zahlen liegen noch nicht vor.
Seit 1. Juni 2022 erhalten Menschen aus der Ukraine nicht mehr Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern eine Grundsicherung, also Hartz IV. Laut Angaben der Arbeitsagentur hat allerdings rund ein Drittel der 136 000 Geflüchteten aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine, die zu Jahresbeginn in Baden-Württemberg registriert waren, auf Sozialleistungen verzichtet. bk