Lenninger Tal
Das Rathaus wird nicht übertrumpft

Projekt Der Sieger im Wettbewerb für den Oberlenninger Verwaltungsneubau besticht durch seine Öffnung Richtung Grünanlage. Bei einzelnen Punkten wie der Fassade soll das Büro noch nachbessern. Von Anke Kirsammer 

Ein kompakter Bau, das Einbinden des rückwärtigen Grüns, ein flexibles Raumkonzept und vor allem der Erhalt des Altbaus als besonderes Gebäude – all das waren Punkte, die es bei der Planung eines neuen Verwaltungsbaus in Oberlenningen zu beachten galt. Nach Meinung der Jury hat das Büro Deubzer + Rimmel Architekten aus München die Aufgabe am besten gelöst. Es geht als Sieger aus einem Wettbewerb hervor, bei dem 22 Arbeiten eingereicht worden waren. Wie die Wettbewerbsbetreuerin Petra Zeese vom Büro FPZ Zeese Stadtplanung und Architektur im Gemeinderat erläuterte, hatte sich die Jury einhellig für die Arbeit entschieden. Man müsse sie sich zwar regelrecht erarbeiten, sagte Petra Zeese. „Sie hat aber die besten Antworten gegeben.“

L-förmiger Baukörper

An das Rathaus wird ein langgestreckter, zweigeschossiger L-förmiger Baukörper angeschlossen, der entlang der Amtgasse konkav ausgebildet ist. Während der Haupteingang mit der Treppe am Marktplatz bleibt, soll durch einen Aufzug im Bereich der Arkaden der Zugang zu allen Ebenen ermöglicht werden. Im Neubau ist der Sitzungssaal angesiedelt, der auch als Bürgersaal genutzt werden kann und der sich zu einem neuen Platz hinter dem Gebäude öffnet. Petra Zeese geriet ins Schwärmen: „Es entsteht ein geschützter, ruhiger Freibereich für Mitarbeiter und Bürger, der sich gut mit der Grünanlage verbindet.“ Die Qualität der Arbeit erschließe sich aber vor allem bei den Grundrissen. Dank einfacher, klarer Strukturen geht sie davon aus, dass sich das Projekt, dem auch eine Tiefgarage angegliedert ist, wirtschaftlich umsetzen lässt.

 

Der Bau wird ein Architekturhighlight.
Petra Zeese
Die Wettbewerbsbetreuerin ist überzeugt davon, dass das neue Verwaltungsgebäude für Aufsehen sorgt.

 

Anlass zur Diskussion unter den Preisrichtern hatte offenbar der lange Baukörper gegeben. Im vorderen Teil ist eine Klinkerfassade mit vielen Fenstern vorgesehen, die die Farbe des Rathauses aufnimmt. „Die Fassade kann Plastizität erzeugen“, erklärte Petra Zeese. Sie ist sich sicher, dass der Neubau das Zeug hat, ein Architekturhighlight zu werden.

Die Fassade ist umstritten

Der langgezogene Bau ist indes auch im Gemeinderat nicht unumstritten. „Ich musste schlucken, als ich den Schlauch gesehen habe“, sagte Falk Kazmaier. Auch Karl Boßler pochte darauf, die Front zur Straße, in der die Büroräume untergebracht sind, erneut bearbeiten zu lassen. In die gleiche Kerbe hieb Bürgermeister Michael Schlecht. Das Siegerbüro müsse sich noch einmal Gedanken über Länge und Form machen. Wegen des Raumprogramms sei es jedoch mit Kürzen nicht getan. Ein weiteres Manko ist, dass es bei einem geschlossenen Rathaus keinen barrierefreien Weg von der Amtgasse zum neuen „Bürgerpark“ gibt. Bislang ist hinter einer neuen dritten Arkade ein Durchgang mit einer Treppe angedacht. „Es gibt also noch Gesprächsbedarf“, so fasste Michael Schlecht die Haltung des Ratsgremiums zusammen. Auch müsse man sehen, wie sich veränderte Abläufe in der Verwaltung auf das Raumkonzept auswirken. Geplant ist, die Organisationsstruktur im Rathaus zu untersuchen. „Noch handelt es sich um keinen fertigen Vorentwurf“, betonte Petra Zeese. Bis zum Bauantrag seien es noch viele Schritte. Sie geht jedoch davon aus, dass das Büro Ideen hat, um die kritischen Punkte zu lösen.

Kita-Neubau hat Vorrang

Angesichts der explodierenden Kosten für das Kinderhaus, die derzeit mit gut 14 Millionen beziffert werden, trat Bürgermeis­ter Michael Schlecht hinsichtlich des Verwaltungsneubaus und der Rathaussanierung etwas auf die Bremse. Der Bau der Kita habe für ihn in jedem Fall Vorrang. Lasse sich die Gemeinde mit dem Rathausprojekt zu viel Zeit, bestehe jedoch die Gefahr, dass das Landessanierungsprogramm ausläuft. Ohne Fördermittel sei es aber nicht zu realisieren.

 

Jury aus Fachleuten
und Gemeinderäten

22 Büros haben bei dem nicht
offenen Realisierungswettbewerb
ihre Arbeiten abgegeben. Unter den
Beiträgen waren kompakte, an das
bestehende Rathaus angebaute Entwürfe
und solche, die eine komplette
Trennung der beiden Baukörper vorsehen.
Gewonnen hat das Münchner
Büro Deubzer + Rimmel Architekten,
das zusammen mit den Stuttgarter
Landschaftsarchitekten Pfrommer
+ Roeder eine Arbeitsgemeinschaft
bildete. Der zweite Preis geht an das
Büro Schoener und Panzer Architekten
aus Leipzig, der dritte Preis an die
Stuttgarter Architekten Dasch Zürn +
Partner. Weitere zwei Büros bekamen
eine Anerkennung. Die Wettbewerbskosten
belaufen sich voraussichtlich
auf 150 000 Euro. Sie sind im Haushalt
vorgesehen und über das Landessanierungsprogramm
förderfähig.

Das Preisgericht tagte unter dem
Vorsitz von Professor Mathias Hähnig
in der Gutenberger Schlossberghalle.
Neben Architekten, die als Fachpreisrichterinnen
und Fachpreisrichter an
der Jurysitzung teilnahmen, waren
auch Bürgermeister Michael Schlecht
und ausgewählte Gemeinderäte
stimmberechtigt. Nach mehreren
Wertungsrundgängen und ausführlicher
Diskussion kürte die Jury den
Siegerbeitrag einstimmig.

Zu den Bewertungskriterien
gehörten etwa die städtebauliche
Qualität und die Verknüpfung der Außenbereiche,
die architektonische und
gestalterische Qualität und die Flexibilität
der Nutzung. Ökologische Anforderungen,
Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit
waren ebenfalls Punkte,
auf die Wert gelegt wurde. Auch
die Einfügung in die Ortsstruktur
beispielsweise in puncto Dach- und
Gebäudeform, die Verbindung von
Alt- und Neubau als Ensemble, die
Nutzbarkeit auch des Altbaus für die
Verwaltung sowie die Umsetzung
eines bürgeroffenen Rathauses waren
mit ausschlaggebend. ank