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Das Schaf ist tot, aber: Es lebe der Whisky

Genuss Sybille Baecker liest im Gewölbekeller des Dettinger Gemeindehauses aus ihrem Krimi „Sturm über den Highlands“ vor. Die Hauptrolle spielt dabei die Verkostung der hochprozentigen Flüssigkeit. Von Iris Häfner

An diesem Abend stimmt so ziemlich alles: entspannte Stimmung dank Whisky Tasting, dann Spannung dank in Schottland spielendem Krimi – und die Location tut ihr Übriges. Im alten Gewölbekeller des Dettinger Gemeidehauses liest Sybille Baecker aus ihrem neuem Krimi „Sturm über den Highlands“. Sie ist der Einladung von Christine Hahn, Leiterin der Ortsbücherei Dettingen, gefolgt. „Ich habe eine sehr urige Location mit urigen Sitzgelegenheiten.“ Mit diesen Worten hat sie die Autorin an den Albtrauf gelockt – und viele Gäste in den Keller. Die nehmen gerne auf Sofas, Sesseln und Stühlen unterschiedlicher Zeitepochen Platz und warten gespannt, was der Abend an Überraschungen zu bieten hat. „Das hier ist eigentlich der Jugendraum der Kirche“, erklärt Christine Hahn die kunterbunte Möbelmischung. Mit Maria Häfele ist sie für den Wohlfühlfaktor der Gäste zuständig. Auf dem mit einem Tuch abgedeckten Billardtisch stehen schon die Häppchen bereit – zudem zwei Runden mit hochprozentigen Proben auf dem Programm. „Deshalb ist bestimmt der eine oder andere Mann gekommen“, freut sich die Büchereileiterin mit einem Augenzwinkern über die beachtliche Männerquote bei der Lesung.

 

Seit 20 Jahre lebe ich gerne im Ländle und lasse meinen Kommissar Brander in Esslingen und Tübingen ermitteln.
Autorin Sybille Baecker

 

Der Schwerpunkt der aus dem Emsland stammenden Autorin kristallisiert sich schnell heraus: Whisky. Sie freut sich über den passenden Rahmen im Gewölbekeller. „Seit 20 Jahre lebe ich gerne im Ländle und lasse meinen Kommissar Brander in Esslingen und Tübingen ermitteln“, erzählt sie. „Kommissar Brander . . . die Schwaben-Krimis mit Schuss!“, charakterisiert sie ihre Figur auf ihrer Homepage. Der Herr Kommissar weiß – wie kann es sein – einen guten Whisky zu schätzen. Die Leserinnen und Leser arbeiten sich bei ihrer Lektüre deshalb nicht nur durch den jeweiligen Fall, sondern lernen immer neue Whisky-Sorten kennen.

Der schwäbische Brander macht gerade Pause, damit die Autorin in den schottischen Highlands auf Recherche-Reise gehen kann. Der Nordosten soll es sein, dünnbesiedelt, küstennah und mit besserem Wetter gesegnet als der Westen – so man denn den Aussagen des ortskundigen Taxifahrers Glauben schenken kann. Weil die Wetterküche über dem Atlantik gemischt wird, ist also rein topografisch gesehen schon viel Wasser die Westhänge Schottlands hinabgeflossen. An dieser Praxiserfahrung scheint was dran zu sein. 

Ob die auch auf die blumigen Beschreibungen der Whisky-Mas­ter für die zwei zur Verkostung stehenden Destillate zutreffen, das kann jede und jeder für sich entscheiden. Vanillegeschmack, maritim, Himbeere, Erdbeere, Rauch – die Bandbreite ist groß und individuell. Die Autorin will keine „Vorurteile“ schüren und deshalb alle selbst die Aromen bestimmen lassen. Am Ende löst sie diese zwei Rätsel auf.

Vier Schritte sind entscheidend für eine Whisky-Verkostung. Zuerst die Farbe im Glas in Augenschein nehmen und die Schlieren bewundern, die daran hinabrollen. Dann riechen, gerne auch mit einem Nasenloch, dann mit dem anderen – das Ergebnis kann, muss aber nicht, unterschiedlich ausfallen. Es folgt das Kreisen der Flüssigkeit im Mund, weil auch hier die Rezeptoren divergent arbeiten und möglicherweise für interessante Genüsse sorgen. Am Ende kommt der Abgang: Wie wirkt das edle Tröpfchen nach? Lang oder kurz, angenehm oder nicht?

Ach ja: Im Krimi wird einem Schaf auf einer überaus abgeschiedenen, meernahen Weide in Schottland der Hals durchschnitten. Mehrere Personen sind mehr oder weniger involviert. Am Ende der Lesung und ziemlich am Anfang des Buchs ist der Besitzer des Schafs tot. Wer nun neugierig geworden ist, kann zugreifen. Der Billardtisch ist jetzt zum Büchertisch mutiert.