Der Wald ist ein Wohlfühlort für die Deutschen – lange bevor das Waldbaden aus Japan überschwappte und Corona die Menschen scharenweise unter das Blätterdach trieb. Doch in Zeiten des Klimawandels ist auch der Mythos Wald im Umbruch. Dem wollen die Forstleute Rechnung tragen und mit dem „Waldfühlprogramm 2022 – Wald im Klimawandel“ die Bürgerinnen und Bürger unter dem Titel „Gemeinsam für die Zukunft unserer Wälder“ über ihre Arbeit informieren. Die findet naturgemäß nicht im verborgenen Kämmerlein statt, sondern ist für jeden Waldbesucher sichtbar.
„Wir wollen die Waldentwicklung lenken und den Weg ein bisschen abkürzen. Die Natur würde sich zwar anpassen – aber in ihrem Rhythmus von 1000 bis 10 000 Jahren. Die Veränderungen durch den Klimawandel kommen schneller, als der Mensch aushält“, erklärt Cordula Samuleit, Leiterin des Kreisforstamts, weshalb mit Nachdruck am Umbau des Walds geforscht und gearbeitet wird. In kurzer Zeit hat sich die Durchschnittstemperatur um 1,5 Grad erhöht, weitere 1,5 Grad werden in nicht allzu ferner Zukunft erwartet. „Als es vier Grad weniger waren, hatten wir hier vor 10 000 Jahren die letzte Eiszeit“, verdeutlicht sie die Dimensionen und sagt: „Wir arbeiten mit der Natur und wollen sie nur in die Richtung schieben, die dem Mensch und dem Wald guttut.“
30 Veranstaltungen zu unterschiedlichen Themen gibt es im Landkreis Esslingen, allein 13 in der Region rund um die Teck. Alle Interessierten sind eingeladen, mit den Forstleuten über den Wald vor der eigenen Haustür und die dort notwendigen Anpassungsprozesse ins Gespräch zu kommen. Selbst in einem überschaubaren Gebiet wie dem Landkreis sind die Wälder individuell. Der steile Albtrauf unterscheidet sich vom milden Neckartal sowohl klimatisch als auch von der Bodenbeschaffenheit. Dazu kommen die geschichtlich gewachsenen Strukturen samt Bewirtschaftungsformen und den Naturgewalten. „Es gibt keine einfachen Patentrezepte, um das langlebige Ökosystem Wald auf die Zukunft vorzubereiten“, sagt Cordula Samuleit. „Wir haben hier mit unseren naturnahen Mischwäldern Supervoraussetzungen, aber Sorgen machen wir uns trotzdem“, sagt Cordula Samuleit. Die Veränderungen in den Forstkarten sind offensichtlich. Sie werden im 30-Jahr-Rhythmus erstellt. „Die Temperaturentwicklung ist das eine, aber Wasser ist auch ein Thema. Die Dürrezeiten werden immer häufiger, 2003 war der erste heiße Sommer. Das war ein Warnzeichen, jetzt wird es immer schlimmer“, beobachtet sie und befürchtet, dass auch 2022 ein Dürrejahr wird.
Drei Hauptbaumarten gibt es in ihrem Forstamt: Auf 40 Prozent beläuft sich der Anteil der Buchen, die Eiche kommt auf einen hohen Anteil von 16 Prozent und die Fichte auf zehn Prozent. Esche, Ahorn und Linde kommen gemeinsam auf 22 Prozent. Zwei Baumarten werden in absehbarer Zeit nur noch vereinzelt im Kreis zu sehen sein. Der Fichte wird es zu heiß und zu trocken, zudem macht ihr der Borkenkäfer zusätzlich den Garaus. Nicht besser ergeht es der Esche. Ein aus Asien eingeschleppter Pilz lässt ganze Wälder einfach absterben. Auch die anderen Baumarten müssen leiden. „Die Dürreentwicklung beschleunigt sich. Für Bäume ist das keine Zeit – sie merken: Plötzlich bekommen sie heiße Füße.“ Für die Zukunft heißt das, trockenheitstolerante Arten zu fördern. Ein wichtiges Steuerungselement ist dabei das Sonnenlicht. „Kaum etwas unterscheidet unsere Baumarten so sehr wir ihr Lichtdurst. Die Eiche braucht das Sonnenbad, damit sie in ihrer Jugend nach oben wachsen kann, die Buche fühlt sich dagegen im Schatten am wohlsten. Mit dem Licht zu spielen ist das größte Werkzeug in der Kiste, das den Förstern zur Verfügung steht“, erläutert die Forstamtsleiterin. Welcher und wie viele Bäume fallen, ist entscheidend. Auch die Arten spielen eine Rolle. So sollen zum Beispiel Samen von Eichen aus der bereits schon jetzt trockenen und heißen Rhein-Neckar-Region hier angesiedelt werden.
„Der Wald ist ein hochdynamisches System. Das kann ich nicht festhalten. Pflanzen werden kommen und gehen. Auch darüber wollen wir informieren“, sagt Cordula Samuleit.
Das Waldfühlprogramm in der Region rund um die Teck
Wald der Zukunft ist Thema am Donnerstag, 1. September, um 17 Uhr in Ohmden. Julia Usenbenz, Leiterin des Forstreviers Weilheim, stellt den Wald in Ohmden vor, der so ist, wie man ihn sich wünscht: strukturreich, vielfältig und bunt gemischt. Aber ist der Wald auch fit für den Klimawandel?
So schön bunt hier heißt die Führung mit Alexander Klein, Leiter Forstrevier Lenningen, die am 1. September um 17.30 Uhr beginnt und sich der Artenvielfalt widmet, die Risikostreuung bringt.
Esche ade, scheiden tut weh. Wer füllt die Lücke? Am Mittwoch, 7. September, um 17 Uhr nimmt sich Julia Usenbenz in Weilheim einem traurigen Kapitel an. Die Esche ist der Globalisierung zum Opfer gefallen. Ein aus Asien eingeschleppter Pilz vernichtete ganze Eschenwälder. Der Baum hinterlässt eine schmerzliche Lücke. Was entsteht auf den ehemaligen Eschenflächen?
Ist die Esche noch zu retten? ist auch am Donnerstag, 8. September, in Owen Thema. Alexander Klein informiert dort über die Lage.
Die Mischung macht’s lautet der Titel am Dienstag, 13. September, in Dettingen um 17.30 Uhr mit Benjamin Fischer, Leiter des Forstreviers Kirchheim-Dettingen. Aktienfondverwalter wissen: Risikostreuung ist alles. Im Wald ist das nicht anders. Deshalb setzt der Forst auf Baumartenmischungen. Doch die Forstleute müssen dafür etwas dafür tun.
Manche mögen’s heiß – andere nicht. Alexander Klein führt am Donnerstag, 15. September, ab 17.30 Uhr durch den Wald in Erkenbrechtsweiler. Kaum etwas beeinflusst Gestalt und Gedeihen des Walds mehr als das Sonnenlicht. Bäume haben – von Art zu Art – einen sehr unterschiedlichen Bedarf.
Prima Klima beim Waldbaden heißt es am Freitag, 16. September, von 14 bis 18 Uhr in Kirchheim mit Johannes Fischbach, stellvertretender Kreisforstamtsleiter und Petra Buck, Forstamtsmitarbeiterin und Yogalehrerin. Eintauchen in den Kirchheimer Bergwald mit allen Sinnen – das ist die Kurzformel für einen ursprünglich aus Japan stammenden Trend, der auch bei uns immer mehr Zuspruch findet.
Notzinger Waldperspektiven stellt Albrecht Schöllkopf, Leiter des Forstreviers Denkendorf, am Freitag, 16. September um 16 Uhr vor. Beim Spaziergang geht es um die Baumarten und den Herausforderungen, die sich für die Forstleute in diesem beliebten Erholungswald ergeben.
Was kommt nach dem Borkenkäfer? Dieser Frage geht Benjamin Fischer am Dienstag, 20. September, um 17.30 Uhr im Kirchheimer Talwald nach. Es ist ein kleiner Käfer mit großer Wirkung: Ganze Waldflächen bringt er zum Absterben. Wo liegen die Chancen für Forst und Naturschutz?
Wald der Zukunft – darum geht es am Mittwoch, 21. September, um 17 Uhr mit Julia Usenbenz in Holzmaden. Der strukturreiche Wald ist bunt gemischt. Aber wodurch ist ein klimastabiler Wald gekennzeichnet?
Am Schönsten hat’s die Forstpartie, . . . denn der Wald, der wächst auch ohne sie – nicht ganz! Weshalb die Forstleute auch im naturnahen Waldbau einiges zu tun haben, erklärt Benjamin Fischer am Mittwoch, 28. September, um 17.30 Uhr im Kirchheimer Bergwald.
Wege zum Klimawandel stellt Julia Usenbenz am Donnerstag, 29 September, um 17 Uhr in Neidlingen vor und geht der Frage nach, ob man die Wälder aus der Bewirtschaftung nehmen und auf die Selbstheilungskräfte der Natur hoffen oder lieber mutig den Wald mit neuen Baumarten umbauen soll.
Wettlauf zum Licht ist das Thema am Mittwoch, 5. Oktober, um 17 Uhr in Bissingen. Julia Usenbenz kennt die Bedürfnisse ihrer „Schützlinge“, um verschiedenen Baumarten gerecht zu werden. ih