Schade, es hat nicht sollen sein. Fern von jeglicher entspannten Sommerstimmung gemeinsam mit dem Klavier durch den Schopflocher Regen zu wandeln, macht nicht wirklich Sinn. Aber ins Wasser fallen lassen wollte man das Wandelkonzert auch nicht, schließlich hatte man für das Programm geprobt.
Demzufolge krempelte der örtliche Liederkranz Kulturverein die Ärmel hoch und stuhlte in der Manufaktur Wünsche auf. Und das Interesse war groß. Tatsächlich fanden auf kleinstem Raum über fünfzig Besucher Platz, weitere zehn standen vor und hinter der Eingangstüre. Eröffnet mit einem „Tango to Evora“ und beendet mit „Nanis vals“ wurde die facettenreiche Veranstaltung von Doris Lipka-Krischke auf dem Hackbrett und ihrem Bruder Stefan Lipka auf dem Klavier.
Noch mehr von ihrer Musikalität zeigte das Geschwisterpaar im Laufe des frühen Abends. Ob „Somewhere over the Rainbow“, „Fly me to the Moon“ oder Robert Schuhmanns „Ich grolle nicht“, also alles keine leichten Titel, die sich die ausgebildete Mezzosopranistin und ihr Bruder ausgesucht hatten.
„Die Geschichte von Schopfloch beginnt mit zwei Papsturkunden, wie so oft einer gefälschten und einer echten, die aus dem Jahre 1182 stammt“, erzählte „Gastgeber“ Martin Wünsche auch von den nachgewiesenen Lager und Siedlungen, die es bereits vor gut 13000 Jahren gab. „In Schopfloch war die große Hüle zwischen Rathaus und Kirche, übrig geblieben ist da hinten die sogenannte Hüle“, konstatierte er und meinte damit den Startpunkt am Dorfplatz.
Ein imaginärer Spaziergang
Eine Herausforderung für alle Nichteinheimischen, diesen imaginären Spaziergang im Geiste in einer vollbesetzten Brennerei zu begehen. Zwischendurch untermalt von Gedichten, die teilweise gekürzt von Martin Wünsche vorgetragen wurden, überzeugte nicht zuletzt auch mehrfach der Männerchor, der nicht nur wegen seiner blauen traditionellen „Häs“ für farbige Akzente sorgte. Neun gestandene Älbler, die sich dreistimmig für besonderes Liedgut wie „Der Bajazzo“, „Ich liebte einst ein Mädchen“, „La Montanara“ sowie den Kanon „Abendstille“ auf die Fahnen geschrieben hatten. Eine schöne Idee, gemeinsam mit den Besuchern die „Schopflocher Nächte“ zu singen – dazu sagten auch die achtjährige Laura und der dreizehnjährige Lorenz nicht nein.
„Um 1900 gab es über 500 Rinder in Schopfloch, 1949 nur noch 299. Zu der Zucht brauchte man aber Farren, also Bullen, diese wurden bis Ende der 1960er-Jahre im Farrenstall gehalten“, berichtete der Brennereibesitzer von der einstigen örtlichen Besamungsstation. War diese Thematik eher Zufall oder Kalkül? Wie auch immer gabe es danach feurige „Klänge aus Sevilla“ von Akkordeonist Stefan Lipka, der später nicht minder mit dem Tango „Die Perlenfischer“ zu begeistern wusste.
Weiter ging es mit dem Begriff „Knaupen“, der laut Deutschem Wörterbuch eher gröbere Menschen beschreibt, die man aber in Schopfloch nicht finden würde. Für Martin Wünsche war da eine gewisse Redensart eher passender: „Knaupen ist die Kunst, etwas so falsch zu machen, dass es wieder passt.“
Falsch gemacht wurde an diesem regnerischen Abend gar nichts. So punktete auch die neunköpfige Akkordeongruppe mit ihren ausgesuchten Stücken. Ob „Marmor, Stein und Eisen bricht“ oder „Der wilde, wilde Westen“. Man spürte, sie hatten Spaß am Musizieren. Fazit: Ein unterhaltsamer Abend, der mit einem Ständerling und Imbiss endete und allen offenbarte: In Schopfloch ist die Welt noch in Ordnung.