Lenninger Tal
„Delfine haben etwas Magisches“

Gesundheit Für die Delfintherapie ihrer behinderten Tochter Sarah ist Familie Boss in die Karibik gereist. Die Eltern sind überzeugt, dass dies Fortschritte beim Laufen und Sprechen bei ihrer Tochter bewirkt hat. Von Silja Kopp

Es war die erste große Reise für Familie Boss aus Unterlenningen: Über 8000 Kilometer weit flogen sie 2021 nach Curaçao in die Karibik. Dort hatte ihre sechsjährige Tochter Sarah für zwei Wochen eine Delfintherapie. Die junge Familie konnte sich das nur durch viele Spender und Spenderinnen ermöglichen. 2019 schrieb der Teckbote schon einmal über das Schicksal von Sarah und machte auf den Herzenswunsch der Eltern Lisa und Oliver Boss aufmerksam.

 

Ich wollte es später nicht bereuen, es nicht zumindest versucht zu haben.
Mutter Lisa Boss 

 

Sarah Boss kam 2015 als Frühchen zur Welt. Mit beidseitigen Hirnblutungen kämpfte sie als Säugling ums Überleben. Durch die Frühgeburt ist Sarah heute behindert und braucht mehr Zeit, um Dinge zu lernen. Sie hat mehrere Therapien unter der Woche. Unter anderem auch eine Reittherapie.

Ihre Mutter Lisa Boss ist durch ihren Bekanntenkreis auf eine Delfintherapie aufmerksam geworden. „Ich habe von einem Jungen gehört, der dadurch Sprechen gelernt hat. Daraufhin kam ich auf die Idee, das auch mit meiner Tochter auszuprobieren“, erinnert sich die Mutter. Sie war sich unsicher, ob die Therapie Sarah helfen kann. „Ich wollte es später nicht bereuen, es nicht zumindest versucht zu haben“, sagt sie.

Eine Delfintherapie wird nicht von der Krankenkasse bezahlt und ist mit einem enormen Kostenaufwand verbunden. 15 000 Euro musste Familie Boss zahlen. Das konnten sie alleine nicht stemmen. „Mein Mann hat mich anfangs für verrückt erklärt“, erzählt Lisa Boss. Durch einen Aufruf im Teckboten und vielen Menschen aus dem privaten Umfeld kamen dann tatsächlich die Kosten zusammen.

Durch die Pandemie wurde die Reise zweimal abgesagt. Im Sommer 2021 war es dann soweit: „Als das Ganze real wurde, ist mir klar geworden, dass der Flug 14 Stunden dauert und wir noch nie mit Sarah geflogen sind“, erzählt Lisa Boss. Sie hatte gemischte Gefühle bei der Reise, denn Sarah gehört zur Corona-Risikogruppe. 

In den zwei Karibik-Wochen musste die Sechsjährige verschiedene Übungen im Trockenen und im Wasser machen. Sie wurde von  Physiotherapeuten und Psychologen betreut. Dafür bekam sie einen eigenen Delfin im Wasser für die Therapie zur Seite gestellt, der liebevoll Bonny genannt wird. Anfangs hatte sie großen Respekt vor dem Tier, später wollte sie ihn am liebsten mitnehmen. „Ich habe dann zu Sarah gesagt, dass Bonny bei uns zu Hause leider nicht in die Badewanne passt“, sagt Lisa Boss lachend. Sarah hat jetzt ein Kuscheltier als Andenken an Bonny zu Hause.

Die Therapie fand im speziell „eingezäunten“ Meerwasser statt. „Uns war wichtig, dass die Delfine in einer natürlichen Umgebung leben. Die Therapeuten sind auch immer wieder mit den Tieren schwimmen gegangen“, erzählt Lisa Boss. Dabei kam es manchmal zu Problemen. „Einmal ist bei einem anderen Kind ein Delfin ausgefallen, da er am Tag zuvor zu viele Krabben gefressen hatte und Bauchweh bekam“, erzählt die Lenningerin. 

Sie und ihr Mann hatten die Hoffnung, dass Sarah durch die Behandlung Fortschritte beim Sprechen und Laufen macht, versuchten aber, erwartungslos in die Therapie zu gehen. „Der größte Fehler, den man machen kann, ist eine zu große Erwartungshaltung zu haben“, meint Lisa Boss. Auch wenn die Delfintherapie als umstritten gilt, Familie Boss ist von ihr überzeugt. „Sarah kann seitdem besser laufen, hat dort gelernt, ihre Zunge zu bewegen und hat eine bessere Motorik“, sagt ihre Mutter. Zudem soll Sarah begonnen haben, einzelne Wörter zu sprechen. In welcher Weise die Meerestiere Menschen helfen, kann sich Familie Boss nicht erklären. „Delfine müssen irgendwas Magisches an sich haben“, meint Lisa Boss lächelnd.

Oliver und Lisa Boss möchten die Therapie für ihre Tochter noch einmal wiederholen – es ist eine Frage der Finanzierung.