Lenningen. Die Idee, dem Steinzeithelden Rulaman in der Gutenberger Höhle ein Event zu widmen, hat einen ganz besonderen Reiz - dazu tragen neben dem passenden Ambiente auch geografische und biografische Bezüge bei. Der deutsche Schriftsteller und Naturforscher David Friedrich Weinland, 1829 ganz in der Nähe in Grabenstetten geboren, schrieb im Jahr 1878 den Jugendroman „Rulaman“ und landete schon damals einen Bestseller, der in sieben Sprachen übersetzt wurde.
Der Hintergrund des seinerzeit erwachenden großen Interesses an der Ur- und Frühgeschichte ist unter anderem zu sehen in der Entdeckung des ersten Skeletts eines Neandertalers im Jahre 1856.
Weinland ließ sich zu seinem Werk auch von den zahlreichen Albhöhlen seiner Heimat inspirieren.
Auszüge aus seinem Roman wurden ausdrucksstark und lebendig dargeboten von Sandra Linsenmayer. Sie ist wie der Autor ein „Kind der Schwäbischen Alb“ und hat daher eine Affinität zu Rulaman und anderen Sagen und Mär- chen der Region. Ihr Vortrag wirkte authentisch und zeigte deutlich ihre Heimatverbundenheit.
Der ecuadorianische Musiker Luis Arellano erzeugte durch mannigfaltige Klänge die jeweils zum Textgehalt passende Stimmung. Vor allem Flöte und Trommel passten gut, denn hohle Knochen und ausgehöhlte, mit Tierfell überzogene Baumstämme waren die ersten Instrumente der Steinzeitmenschen.
In der Vorhalle der Höhle rezitierte die Erzählerin Kapitel 1 und 2 des Romans: Der Titelheld Rulaman gehört als Häuptlingssohn einem Volk oder Stamm an, den Weinland „Aimats“ nennt. Er lebt in einer Höhle auf der Schwäbischen Alb in der Umgebung der Schillerhöhle bei Urach. Seine Leute und er sind dem täglichen Überlebenskampf dieser harten Welt ausgesetzt. Mit ihren schlichten Waffen und ihren einfachen Werkzeugen versuchen sie, dem Hunger, den Krankheiten, den harten Wintern und den wilden Tieren zu trotzen. Sie ernähren sich von dem, was ihre Muttergöttin, die Natur, ihnen schenkt und sind zufrieden und in Einklang mit ihrer Welt. Doch eines Tages taucht plötzlich ein neues Volk in ihren Jagdgebieten auf, die Kalats (Kelten), die ihnen durch den Besitz von Metallwaffen überlegen sind und damit ihren Untergang besiegeln.
Reizvolle Tropfsteinkulisse
Der Wechsel der Szenerie war geschickt gewählt und auf den Textgehalt abgestimmt, denn die Zuhörer wandelten zum zweiten Teil des Programms weiter ins Bergesinnere. Hier bestaunten sie die Schönheiten der Tropfsteinhöhle in der Gotischen Halle und in der Maurischen Halle und hörten dazu Sagen von Fabelwesen, die vor Urzeiten auf der Schopflocher Alb in Höhlen lebten, zum Beispiel „Sibylle von der Teck“. Eine musikalische Abrundung erfolgte mit den Liedern „En Mueders Stübele“ und „Kein schöner Land in dieser Zeit“.
Die Zuhörer traten auf steinigen Pfaden den Heimweg an mit dem Gefühl, Rulaman, der „schwäbische Ötzi“, wurde heute zum Leben erweckt. Hans-Günther Driess