Kreis. Gerade in einem Bundesland mit vielen Weinregionen gehört ein guter Wein für einige zu einem schönen Sommerabend. Doch diese Idylle scheint Risse zu bekommen. Der Ukraine-Konflikt und die damit verbundenen Energiekosten sorgen für eine angespannte Situation bei den Winzern in der Region. Die Auswirkungen zeigen sich vor allem bei der Beschaffung wichtiger Materialien, wie Flaschen und Kartons.
Dies bestätigt auch die Geschäftsführerin der Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck, Christine Anhut: „Wir erleben im Moment eine deutliche Preissteigerung bei Weinflaschen.“ Hinzu kommt, dass die Genossenschaft nur einmal pro Jahr eine Preiserhöhung vornimmt. Das war letztmals am 1. März der Fall. Seither hat sich die wirtschaftliche Situation verschärft. Als erste Maßnahme hat Anhut ihre Kunden dazu aufgerufen, Mehrwegflaschen zurückzubringen, damit diese im Kreislauf bleiben und wieder verwendet werden können. Dies sei im Moment wichtig, denn neben den erhöhten Preisen für Flaschen seien die Lieferzeiten ein großes Problem. „Die Folgen der aktuellen Situation sind auch für uns noch nicht absehbar, das werden erst die kommenden Wochen und Monate zeigen.“
Lange Lieferzeiten
Hobbywinzer Jörg Sterr aus Frickenhausen bestellte seinen Vorrat für die kommenden zwei Jahre bereits im Voraus und blieb so von den erhöhten Preisen für Weinflaschen verschont. Doch auch er erlebt im Moment Verzögerungen bei Lieferzeiten vor allem von Pflanzenschutzmitteln und Düngern. „Man darf sich nicht mehr auf das verlassen, was man jahrelang als normal betrachtet hat.“ Die Lieferumstände hätten sich grundsätzlich verändert, weshalb man rechtzeitig reagieren müsse.
Helmut Dolde vom Weingut Dolde in Linsenhofen erlebt in seinem Betrieb eine ähnliche Situation: „Wir haben zum Glück im März einen Vorrat an Weinflaschen für zwei Jahre bestellt, noch bevor die Preise in die Höhe gingen. Dennoch sind wir von den Kostensteigerungen vor allem für Verpackungsmaterialien wie Kartons stark betroffen“, erklärt Dolde. Seiner Einschätzung nach sind die Preise für Verpackungsmaterialien um bis zu 50 Prozent angestiegen. Für Glas haben sich die Kosten um 15 bis 20 Prozent erhöht. Hinzu kommen neben den langen Lieferzeiten die erhöhten Transport- und Energiekosten. Um bei der Verpackung Kosten einzusparen, hat Dolde seine Kunden um Hilfe gebeten. Diese sollen ihm alte Weinkartons zurückgeben. Alternativ könnten seine Kunden diese Kartons zum Auffüllen neuer Weinflaschen mitbringen. „Durch diese Maßnahme ist es uns gelungen, 30 Prozent der Kosten für Verpackungsmaterialien einzusparen“, zeigt sich Dolde zufrieden. Trotzdem werde er nicht drum herumkommen, neue, teure Kartons zu besorgen. Denn aufgrund der Corona-Pandemie gebe es eine Verschiebung Richtung Versand.
Diese Probleme sind auch Daniel Schäufele, Betriebsleiter Produktion der württembergischen Weingärtner-Zentralgenossenschaft in Möglingen, bekannt. „Durch den zunehmenden Konsum von Glasflaschen hat sich der Glasmarkt bereits in den vergangenen Jahren sehr verändert“, erklärt Schäufele. Dabei könne die gestiegene Nachfrage an Glasprodukten im Moment nicht ausreichend abgedeckt werden. „Durch den Krieg sind Werke in der Ukraine entweder zerstört worden oder mussten stillgelegt werden. Aber auch russische Werke haben sich zurückgezogen und produzieren nur noch für ihr eigenes Land“, so Schäufele.
Durch diese Ausfälle sind die verfügbaren Kapazitäten für Weinflaschen momentan stark begrenzt. Auch er könne keine Aussage über die weitere Entwicklung machen. In Zukunft möchte Schäufele verstärkt auf Recycling setzen. In den vergangenen zwölf Monaten konnten bereits 25 Millionen Weinflaschen wieder in Umlauf gebracht werden. Diese Praktik könnte sich als probates Mittel erweisen für zukünftige Krisensituationen. Bryan Becker