Seit 2011 ist die Alte Schmiede in Altbach ein Museum. Günter Mangold verbindet mit diesem kleinen Haus besondere Erinnerungen. Von 1950 bis 1953 hat er dort gelernt - bei Meister Paul Reyer, dem letzten Altbacher Schmied. Für ihn war er wie ein zweiter Vater.
Wenn Mangold erzählt, bekommt man den Eindruck, dass Meister Reyer auch ein halber Tierarzt gewesen sein muss. Bevor er ein Tier neu behuft hat, sah er ihm zuerst einmal beim Gehen - oder vielleicht Hinken - zu. Dabei merkte er, wo er korrigieren musste. Als Universalhandwerker beschlug Reyer Kühe und Pferde, fertigte Gitter und Geländer, schärfte Sensen, reparierte Waagen, kümmerte sich um Wagenräder und stumpfes Werkzeug. Ein Schelm war der Meister auch. Sah er draußen Frauen lange reden, forderte er seinen Lehrling manchmal auf, ihnen Stühle rauszustellen. Außerdem hatte jeder sein eigenes Feuer und seinen eigenen Amboss, Meister und Lehrling. Heute ist im Museum „Alte Schmiede“ nur noch die Garnitur des Meisters erhalten. Der monatliche Lohn, den er seinem Lehrling zahlte, war übersichtlich: Zehn Mark im ersten Lehrjahr, 20 Mark im zweiten, 30 Mark im dritten.
2011: Eröffnung des Museums
Im Sommer 2008 warb Altbachs Bürgermeister Wolfgang Benignus dafür, die Alte Schmiede zum Museum zu machen. Vorher wurde die Schmiede erst einmal auf Funktionstüchtigkeit getestet und nochmals ringsum blitzsauber gekehrt. Der Boden besteht zum großen Teil aus Stirnholzparkett, etwas krumm, aber extrem langlebig. Bei der offiziellen Eröffnung des Museums im Jahr 2011 war Mangold natürlich mit dabei. Das tat er gerne. Dicht gedrängt lauschten die Zuhörer Mangolds Erläuterungen.
Der letzte Auszubildende der früheren Altbacher Schmiede wusste damals ganz genau, wovon er redete. Das zeigt sich auch jetzt, einige Jahre später. Günter Mangold blickt zu dem Transmissionsriemen, der Schleifstein und Bohrmaschine antreibt. Er hat sich gelöst. „Ja, wenn man nicht weiß, wie man mit ihm umgehen muss, kann das passieren“, erklärt Günter Mangold, der partout nicht fotografiert werden will. Zu aufgeräumt empfindet er die Schmiede nicht, so habe sie auch bei Meister Reyer ausgesehen. Zu dunkel ist es nach Mangolds Geschmack in dem Häuschen auch nicht. „Eine Schmiede darf nicht zu hell sein.“ Warum das? „Sonst lässt sich die Farbe des Feuers nicht mehr richtig beurteilen, und damit die Temperatur“, erzählt er.
Einblick in die tägliche Arbeit
Günter Mangold erinnert sich gerne an den Arbeitsalltag zurück: Am Morgen musste der Lehrling zuerst ins nahe Haus des Meisters, den Schlüssel holen, dann im Winter zuerst den kleinen Ofen anheizen. Kalt war es in der Schmiede dennoch. Manchmal zog Mangold mit dem Handwagen durch den Ort, brachte den Zimmerleuten auf der Baustelle vom Meister angefertigte große Bauschrauben, Zuganker und andere Dinge.
Manche Aufgabe war ganz schön knifflig, etwa das Aufziehen eines Radreifens auf das hölzerne Rad. Zum Messen der nötigen Länge diente ein geriffeltes Rädchen, das ähnlich aussieht wie ein Pizzaschneider, nur mit größerem Durchmesser. „Man musste aber noch etwa anderthalb Materialstärken zugeben, denn durchs Biegen wurde der Radreifen enger.“ Nach dem Aufziehen musste mit Wasser gekühlt werden, sonst hätte sich am Holz Ruß gebildet, und der Radreifen hätte nicht gehalten. Mangold greift zu einer alten Feile und sagt: „Draufdrücken, hieß es, die Blasen an den Händen haben keinen gekümmert.“
Dass sich Bürgermeister Benignus und der Altbacher Gemeinderat vor knapp zehn Jahren um die Alte Schmiede gekümmert haben und sie zum Museum machten, rechnet Mangold ihnen hoch an.