Kirchheim. In Pforzheim geboren, musste sich Reinhold Richter nach dem Krieg in Esslingen integrieren. Er war noch ein Kind, wurde in der Schule als Ausländer angesehen und anfangs gemobbt. Diese Erfahrung prägt sein Leben bis heute. Als „Brückenbauer“ versucht er seitdem Verbindungen herzustellen. Er war beispielsweise Studentensprecher - und seit dem Rentenalter setzt er sich für die Rechte älterer Menschen ein. „Ich habe mich schon immer für andere eingesetzt“, sagt er und spricht von einem ereignisreichen Leben. Seit Kurzem schreibt er ein Buch, um sicher zu gehen, dass die Erfahrungen und Eindrücke, die er in seinem Leben gesammelt hat, nicht verloren gehen.
Wegen des Kriegs und praktischer Ausbildung trat Reinhold Richter sein Mathematik- und Physikstudium später an, von dem er Ersteres mit Diplom abschließt. Darauf folgte eine Karriere als Lehrer und Schulleiter in Kirchheim, Göppingen und Bad Cannstatt. „Die Stuttgarter Zeit war für mich die prächtigste, da konnte man etwas gestalten“, erzählt er. Bewegt hat der damals ungewöhnlich junge Schulleiter viel: Dazu zählen unter anderem Schulpartnerschaften mit Brasilien oder Lehrerbesuche aus Japan. „Diese Freundschaften bestehen heute noch“, sagt der Jubilar über das Verhältnis zu den Partnerschulen und lächelt zufrieden. Herausragend ist für ihn auch der Deutsche-Meister-Titel seiner Schachgruppe, die er auf diesen Wettkampf vorbereitet hat. Bei der Verabschiedung aus seiner Berufslaufbahn kam der Finanzminister als Vertreter des Sports, um ihn zu ehren und zu würdigen, erzählt er stolz.
Aber nicht nur beruflich legte Richter, der morgen seinen 90. Geburtstag feiern kann, eine steile Karriere hin. „Der Sport hat in meinem Leben wirklich eine große Rolle gespielt“, meint er. Hier kämpfte er sich von einem Sportverbot aus gesundheitlichen Gründen in der Kindheit bis zum „Sieben-Meter-Töter“ hoch. Unter diesem Spitznamen holte er mit seinem Handballteam den Sieg gegen Frisch Auf Göppingen. Davor hatte der Sportler jahrelang in Sportarten wie Fußball oder Wasserball als Torwart für einen niedrigen Punkte- stand der Gegner gesorgt. Trotz harter Rückschläge im Sport war aufgeben für Reinhold Richter keine Option - er war immer ein „Stehaufmännchen“.
Seine große Leidenschaft ist und bleibt das Reisen. Durch seinen Erfahrungsschatz und seine offene Art hat er sich zu einem beliebten Fotografen und Redner etabliert. Für Volkshochschulen, Albverein und Alpenverein hält der engagierte Jubilar seit Jahrzehnten Diavorträge über seine unzähligen Reisen rund um den Globus. Nach seinem Ruhestand 1993 hatte er mehr Zeit für Reisen, bei denen er oft von seiner Familie begleitet wurde.
Von Alaska bis zur Antarktis gibt es wenige Regionen der Erde, die Reinhold Richter noch nicht besucht hat. In den Vorträgen erzählt er über Land und Leute, zeigt seine Fotos und untermalt sie mit passender, landestypischer Musik. Das nennt er liebevoll sein Lebenswerk.
„Man braucht im Leben immer wieder liebe Menschen, die einem zur Seite stehen“, weiß der Vielreisende. Mit diesen lieben Menschen wird er zu seinem morgigen Ehrentag ein großes Fest in Weilheim feiern.