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Der Doktor und das liebe Vieh

Lesestoff Von skurril über lustig, teils aber auch traurig und manchmal sogar hochdramatisch: Tierarzt Andreas Schmid aus Aichwald hat ein Buch über seine tierischen Patienten geschrieben. Von Katja Eisenhardt

Er sei Tierarzt mit Leib und Seele, behauptet Andreas Schmid von sich selbst. Allerdings dürfe man sich die Arbeit als Landtierarzt nicht romantisch vorstellen, fügt er hinzu: Lange, oft stressige Arbeitstage, die ständige Erreichbarkeit, all das gehöre ebenso dazu. „Da braucht es schon eine gewisse Besessenheit. Vor allem aber auch die Begeisterung für den Beruf, das klare Ziel, die Patienten heilen oder zumindest ihre Beschwerden lindern zu wollen“, sagt Schmid, und besonders wichtig: den Tieren Respekt entgegenbringen. „Leider begegnet man immer wieder auch unschönen Fällen, Tieren in höchster Not“, weiß der engagierte Tierschützer aus Erfahrung. Da gelte es dann zu handeln. Studiert hat der 44-Jährige seinen Traumberuf in den USA und in München, wo er an der Chirurgischen Pferdeklinik promovierte. In seinem Heimatort Aichwald eröffnete Andreas Schmid 2004 schließlich seine eigene Praxis. Nicht weit davon entfernt lebt er mit seiner Familie auf einem idyllisch gelegenen Hof.

Schmids Spezialgebiet und große Leidenschaft sind die Pferde, doch auch andere kleinere und größere tierische Patienten versorgt der Tiermediziner in seiner Praxis oder bei Haus-, Hof- und Stallbesuchen: „Einen Alltag gibt es hier nicht, jeder Tag ist anders.“ Über die letzten 15 Jahre hat er die besonders skurrilen, lustigen, aber auch traurigen und bisweilen dramatischen Geschichten aufgeschrieben, die ihm bei seiner täglichen Arbeit begegnen. Verpackt in Kurzgeschichten ist unter dem Titel „Kaugummikatze - In einer Tierarztpraxis gibt es keinen Alltag“ daraus ein Buch entstanden. „Das Buch ist für alle, die gerne Kurzgeschichten lesen und dabei schmunzeln, nachdenken oder auch mal den Kopf schütteln wollen“, fasst Schmid zusammen. Beim Ausformulieren der Geschichten hat ihm der ebenfalls in Aichwald lebende Journalist Claus-Eckard Kraemer geholfen, der zudem einige Fotos fürs Buch beisteuerte. Passende Karikaturen für die Geschichten zeichnete Ursula Müller.

Telepathen und Koppel-Burn-out

Einen der besonders skurrilen Fälle findet man gleich auf den ersten Seiten unter dem Titel „Schlechter Termin?“ Operiert werden sollte eine Stute - Routine für den Tierarzt. Als er mit seinem Assistenten allerdings im Reitstall eintraf, stand das Pferd behängt mit allerlei glitzerndem und duftendem esoterischen Zubehör in seiner Box. Inklusive einer sehr aufgeregten Besitzerin. Die hatte für alle Fälle vor der Box einen großen Heilstein platziert, damit auch ja nichts schiefgehen konnte. „Der richtige Knaller kam dann, als ich ans Telefon geholt wurde. Am anderen Ende meldete sich ein ‚Pferdetelepath‘ aus Norddeutschland. Kurz und gut: Er erklärte mir, er habe mit der Stute Kontakt aufgenommen. Das Pferd habe ihm mitgeteilt, dass es ernsthafte Bedenken habe, am heutigen Dienstag operiert zu werden, und darum bitte, die OP auf Freitag zu vertagen. Ich bin dann wohl etwas laut und sehr deutlich geworden, sagte mir mein Assistent später“, erzählt Andreas Schmid und schüttelt noch immer ungläubig den Kopf. Das Pferd wurde schließlich wie geplant und völlig komplikationslos operiert. Ein anderes Pferd litt nach Meinung der Besitzerin unter einem „Koppel-Burn-out“. Statt mit den Artgenossen also weiter einem schönen Weiden-Leben frönen zu können, musste der arme Tropf zurück in den Stall - Tag und Nacht.

Beim Lesen der gut 60 Geschichten lernt man auch Katzenbesitzer kennen, die den verstorbenen Liebling klonen lassen möchten, man erfährt vom rettenden Einsatz bei einer Schildkröte, die versehentlich unter den Rasenmäher geraten war und deren kaputter Panzer mit Kunsthorn gerichtet werden musste, oder auch, welche Geschichte sich hinter dem Buchtitel verbirgt: „Kinder hatten einer Langhaarkatze mit Kaugummis das Fell verklebt. Das Tier litt schrecklich. Unter Vollnarkose konnten wir sie von der klebrigen Masse befreien“, so Schmid. Neben all den Geschichten, die sicher für die eine oder andere Lachträne sorgen, sind es eben auch solche Fälle, die zum Nachdenken anregen sollen. Dazu kommen verschiedene Ernährungs- und Pflegetipps für die Vierbeiner. „Zeitweise braucht man in diesem Beruf schon eine gute Portion schwarzen Humor, um zu überleben. Früher gab es doch die Serie ‚Der Doktor und das liebe Vieh‘. Damals dachte ich, die Geschichten sind frei erfunden - heute glaube ich das nicht mehr“, sagt Andreas Schmid und lacht, „langweilig wird es in meinem Beruf jedenfalls nicht.“

 

Info: Das Buch des Aichwalder Landtierarztes Dr. Andreas Schmid ist unter dem Titel „Kaugummikatze - In einer Tierarztpraxis gibt es keinen Alltag“ in jeder Buchhandlung bestellbar.