Region. Zwei gegensätzliche Gutachter-Meinungen im Prozess gegen den mutmaßlichen Weilheimer Container-Brandstifter vor dem Stuttgarter Landgericht liegen vor. Noch ist aber das Sachverständigen-Programm nicht fertig, denn ein dritter Fachmann ist jetzt am Zug.
Wie berichtet, haben in diesem Revisionsprozess die beiden psychiatrischen Sachverständigen am Prozesstag vor zehn Tagen zwei gänzlich unterschiedliche Gutachten vorgetragen. Einer kommt zum Ergebnis, dass der 28-Jährige zumindest zur Tatzeit an der Weilheimer Container-Unterkunft am 17. November 2021 an einer sehr schweren paranoiden Schizophrenie litt und daher im strafrechtlichen Sinne als schuldunfähig gilt und in eine Anstalt untergerbacht werden muss.
Gutachter-Kollege Nummer zwei hingegen vertritt die Ansicht, dass zwar eine psychische Vorerkrankung im schizotypischen Bereich vorliegt. Doch die Brandstiftung in seinem Containerzimmer damals habe er zumindest in strafrechtlicher Verantwortung begangen, wenn auch eingeschränkt. Also schuldfähig! Die 17. Große Strafkammer hatte den Fall nach Aufhebung des Urteils durch den Bundesgerichtshof neu beginnen müssen, um genau die Frage der Schuld oder der Schuldunfähigkeit zu klären. Dazu mussten zwei Sachverständige herhalten, die allerdings nach Einschätzung der Richter die Strafkammer nicht in die Lage versetzte, sich eine Meinung zu bilden.
Die Überraschung: Am gestrigen Verhandlungstag, dem vermutlich vorletzten, kam Gutachter Nummer drei in das Verfahren. Das gab es bei Gericht bislang noch nicht, dass man drei Sachverständige braucht, um die Schuldfähigkeit eines wegen Brandstiftung angeklagten Mannes festzustellen. Dieser neue Sachverständige, von dem sich das Gericht eine endlich eindeutige Einschätzung erhofft, kennt den Angeklagten noch nicht und kennt auch den genauen Sachverhalt der Anklage nicht. Was ihm seinen Job jetzt noch schwerer macht, ist die gestrige Mitteilung aus dem Munde des 28-jährigen Beschuldigten, keinerlei Angaben mehr zu machen. Auch nicht auf Fragen dieses dritten Gutachters.
Der Fall könnte Justizgeschichte schreiben. Wenn der Sachverständige durch das Schweigen des Beschuldigten kein brauchbares Gutachten erstellen kann, gibt es ein Patt. Dann müsste der Fall komplett neu verhandelt werden. Ob es aber dazu kommt, ist offen. Die früheren Aussagen des 28-Jährigen werden jetzt verlesen. Danach hat die Strafkammer den Fall auf den 21. April vertagt, um dem neuen Sachverständigen Gelegenheit zu geben, sich in den inzwischen angewachsenen Aktenberg einzulesen. Bernd Winckler