Mitunter hebt eines den Kopf und spitzt die rötlich befellten Ohren. Bisher vernahmen die Angusrinder auf den saftigen Weiden rund um den Engelhof allenfalls das Rauschen des Windes, der hier oben schon mal etwas kräftiger bläst. Mit der Ruhe ist es nun erst mal vorbei. Den Klangteppich aus Hammerschlägen und Motorenlärm trägt die laue Frühlingsbrise bis hinüber zum Mittagsfels, wo die Alb jäh ins Lenninger Tal abbricht.
Unser Projekt muss über die Jahre wachsen.
Matthias Wissler
Auf dem Engelhof sind die Handwerker zugange. Wo im Moment noch Baustellenatmosphäre herrscht, sollen in wenigen Wochen Ausflügler entspannt in die Sonne blinzeln und bei einem Vesper und kühlen Getränk die Seele baumeln lassen. Die für Mai geplante Eröffnung des Biergartens mit rund 60 Plätzen markiert den Start eines auf mehrere Jahre angelegten Familienprojekts. Es soll den Engelhof wieder zu dem machen, was er einmal war: ein beliebtes Ausflugsziel in exklusiver Lage. Der Kioskbetrieb mit Selbstbedienung und einer kleinen Auswahl an warmen Mahlzeiten an Wochenenden ist sozusagen als Appetitanreger in der Startsaison gedacht und soll Lust machen auf mehr. „Unser Projekt muss über die Jahre wachsen und sich weiterentwickeln“, sagt Matthias Wissler. Der 34-Jährige koordiniert in dritter Generation die Bauarbeiten auf dem Hofgut auf Lenninger Gemarkung, das der Großvater vor mehr als sechs Jahrzehnten übernommen hat.

In zeitgemäße Form bringen
Die Aufwachphase nach einem Vierteljahrhundert Tiefschlaf wird dauern. Behutsam, aber zielstrebig, nach diesem Grundsatz wollen die Wisslers den Altbau, der in den Anfangszeiten als einfache Bauernschänke diente, und den Flachdachbau aus den 70ern, der bis zur Jahrtausendwende Landgasthof war, in zeitgemäße Form bringen. Seit dieser Woche ist das Baugesuch raus. Ab Frühjahr 2026 soll in den renovierten Räumen mit Terrasse dann gutbürgerliche Kost auf den Tisch kommen. Das Ensemble wird von Grund auf umgebaut und barrierefrei gestaltet. Statt wie früher über die rückseitige Terrasse gelangen Gäste künftig über eine Freitreppe ins Innere der Gaststätte, die immerhin Platz für 100 hungrige Seelen bieten soll. Irgendwann sollen Ferienwohnungen im Obergeschoss und ein Hofladen mit eigenen Bioland-Produkten hinzukommen.
Mit offenem Visier wachsen
Der Engelhof bewegt die Menschen und das schon lange vor dem eigentlichen Startschuss. Hilfsangebote, Anregungen, Handwerksfirmen, die trotz voller Auftragsbücher ihre Dienste anbieten und Termine vorziehen – „das Feedback, das wir bekommen, ist schon beeindruckend“, meint Matthias Wissler. Die Familie trägt ihren Teil dazu bei. Offener Austausch mit potenziellen Gästen, Interaktion ist allen wichtig. „Wenn man gemeinsam wachsen will, geht das nur mit offenem Visier“, sagt Matthias Wissler. Deshalb hängt seine private Handynummer nebst neuesten Informationen zum Bau als Infotafel für vorbeiziehende Wanderer auf der Baustelle. Damit verbunden die sinngemäße Aufforderung: Teilt uns mit, wenn ihr Wünsche oder Vorschläge habt.
Vor einem der größten Probleme dieser Zeit ist allerdings auch ein „Herzensprojekt“, als das Wissler den Engelhof beschreibt, nicht gefeit: Fachkräftemangel. Der Erfolg steht und fällt mit motiviertem Personal, um das man derzeit wirbt und das in der Gastronomie fast allerorten Mangelware ist. Die Premierensaison wird eine vierköpfige Mannschaft bestreiten. Spätestens mit Start des Restaurantbetriebs im nächsten Frühjahr braucht es ein komplettes Küchenteam. Viel Arbeit, die nicht nur auf die künftigen Wirtsleute wartet. Rüdiger Klein vom Kirchheimer Architekturbüro Klein-Perreira, aus dessen Feder die Projekt-Entwürfe stammen, sagt: „Wir wissen, was zu tun ist.“