Normalerweise müssten unter der Teck in diesem Jahr die Korken knallen, doch macht sich momentan eher Ernüchterung breit: 25 Jahre, nachdem der Handels- und Gewerbeverein (HGV) Owen gegründet wurde, fehlen Leute, die für den heutigen HGV Teck Verantwortung übernehmen. Owen leuchtet, Ausbildungsmessen, Leistungsschauen, Unternehmerstammtisch, Kelly-Inseln – die Liste der Aktivitäten des HGV ließe sich beliebig erweitern. Doch nun ist offen, wie es weitergeht. Zehn Jahre lang hatte Claudia Nothwang den Vorsitz inne. Mit ihrer vorherigen Arbeit auf anderen Posten im Ausschuss bringt sie es auf zwei Jahrzehnte ehrenamtlicher Tätigkeit in dem Verein. Im Herbst 2021 war definitiv Schluss, nachdem sie bereits zweimal eingenickt war und jeweils noch eine Legislatur drangehängt hatte. „Jetzt sollen Jüngere ran“, sagt die 50-Jährige. „Die bringen frischen Wind rein, weil sie ganz anders ticken.“ Potenzielle Kandidaten gäbe es aus ihrer Sicht einige. Sie denkt an junge Unternehmer, die teils die Firmen der Eltern übernommen haben. „Noch haben wir leider niemanden gefunden, der den Job machen möchte“, so Claudia Nothwang. Die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger gestalte sich wie in vielen anderen Vereinen als „schwierige Geschichte“.
Was die Sache nicht leichter macht: Bei der Mitgliederversammlung am 5. April möchte der zweite Vorsitzende, Thomas Knöll, sein Amt ebenfalls abgeben. Auch der 38-Jährige ist schon seit Jahren in der Verantwortung. Seit Herbst führt er den Verein kommissarisch. „Es ist typisch für das Ehrenamt. Es gibt nicht viele, die sich bereiterklären mitzuarbeiten“, so lautet die Erkenntnis von Thomas Knöll. Wer sich einbringe, habe nicht selten Jobs in mehreren Vereinen. Auch er ist anderweitig etwa als Kassierer und Kassenprüfer zur Stelle. Um sich mehr um die Familie kümmern zu können, will er seine fünf Ehrenämter auf vier oder drei zurückzufahren. Über die Gründe, warum sich jüngere Leute nur schwer fürs ehrenamtliche Engagement gewinnen lassen, kann er nur spekulieren. Viele wollten sich schlicht nicht binden und Dienste übernehmen. Hinter vorgehaltener Hand spricht Thomas Knöll von der „Generation Fitnessstudio“.
Claudia Nothwang und Thomas Knöll hoffen, dass sich doch noch Leute für die beiden Posten an der Spitze des 65 Mitglieder zählenden HGV finden. „Wir möchten Unternehmern eine Stimme geben“, sagt die ehemalige Vorsitzende. Das Knüpfen von Netzwerken unter den Gewerbetreibenden sei das eine. Der kurze Draht zu Verwaltungen und zu den Bürgern das andere.
2018 hatte der HGV Owen sich nicht nur in den HGV Teck umbenannt und sich damit Firmen in Lenningen und Erkenbrechtsweiler geöffnet. Gekoppelt war der Schritt damals an einen Beitritt zum Bund der Selbständigen (BDS). Er verleihe den Anliegen der Unternehmer mehr Gewicht und ist Anlaufstelle, so bei Anträgen zu Corona-Beihilfen. „Die hauptamtlich besetzte Geschäftsstelle erleichtert auch für die Vorsitzenden vieles“, sagt Claudia Nothwang. Dadurch fällt vor allem ein Großteil des Schriftverkehrs weg. Professionalisiert wurde das Arbeiten des Ausschusses zudem durch die Netzwerkerin Eileen Gerstner. Die interkommunale Wirtschafts- und Tourismusförderin für Lenningen, Owen und Erkenbrechtsweiler fungiert als Schriftführerin und bringt sich bei vielen Projekten wie der digitalen Azubimesse Teck (DAMT2022) federführend ein.
Zu den Aufgaben der Vorsitzenden gehöre, den Austausch unter den Betrieben zu ermöglichen, unterschiedliche Branchen ins Boot zu holen und als Bindeglied etwa zur Handwerkskammer oder zur Industrie- und Handelskammer zu fungieren. Regelrecht ins Schwärmen gerät Claudia Nothwang, wenn sie an Ausflüge und Neujahrsempfänge denkt. Bei Letzteren seien regelmäßig Referenten mit Vorträgen zu Themen „am Puls der Zeit“ zu Gast gewesen. Das Zusammenbringen von Betrieben und Jugendlichen und das Bekämpfen des Fachkräftemangels sieht sie wie Thomas Knöll als Daueraufgabe des HGV.
Noch ist offen, wie es weitergeht, wenn sich am 5. April niemand findet, der Verantwortung übernimmt. Denkbar sei eine vorübergehende kommissarische Vereinsführung oder aber ein neuerliches Hinausblicken über den Tellerrand.