Weidekonflikt
Der Hofmetzgerei Greiß aus Neckarhausen droht das Aus

Naturschutz contra Landwirtschaft: Weil die Familie ihre Tiere in einem Landschaftsschutzgebiet hält, muss ein neuer Standort her. Metzgermeister Michael Greiß fühlt sich von der Naturschutzbehörde schikaniert.

Metzger und Landwirt Michael Greiß auf seiner Weide in Neckarhausen. Foto: Ralf Just

Auf den grünen Wiesen oberhalb des Beutwangsees grasen Rinder zwischen alten Streuobstbäumen. Es ist eine Postkartenidylle, die auch Landwirt Michael Greiß aus Neckarhausen noch immer genießt. „Wir hatten gehofft, hier alt werden zu können“, sagt er und lässt seinen Blick über die Landschaft schweifen. „Aber nun stehen wir vor dem Aus.“

Auf den ersten Blick scheint hier alles im Einklang: Landwirtschaft und Natur. Doch der Schein trügt, wie Greiß erzählt. Vor zwei Jahren habe ihm die Naturschutzbehörde des Landkreises mitgeteilt, dass seine Tierhaltung in dieser Form nicht zulässig sei. „Tierhaltung gibt es auf diesen Feldern seit den 60er-Jahren. Und jetzt soll das ein Problem sein?“, fragt der Landwirt fassungslos.

Denn die Tiere der Familie Greiß befinden sich in einem Landschaftsschutzgebiet – und das bringt verschiedene Auflagen mit sich. „Damals kamen gleich 15 oder 16 Vertreter von Landkreis und Stadt und haben das Gelände begutachtet“, erinnert sich Greiß. Am Ende habe die Mängelliste mehrere Punkte umfasst. „Hauptkritikpunkt war die Schweinehaltung“, sagt er. „Es hieß, die Tiere zerstören die Landschaft, weil sie die Grasnarbe abfressen.“

Seit 2007 pachtet der gelernte Landwirt und Metzgermeister die 20 Hektar große Wiese in Neckarhausen. Angefangen hat er mit Rindern, später kamen Schweine und Hühner hinzu. Doch laut Landratsamt sei die Ausweitung der Tierhaltung nie genehmigt worden. „Aber allein mit der Rinderhaltung kann man eben kein Geld verdienen“, sagt Greiß. Auch für den kleinen Schuppen – etwa drei mal sieben Meter groß – sei nie eine Baugenehmigung erteilt worden, moniert das Landratsamt. Zudem fehle eine ordnungsgemäße Lagerstätte für Mist. Greiß müsse eine sogenannte Dunglege bauen.

Die Mängelliste trifft die Familie hart. „Jahrelang war alles gut, und jetzt das“, sagt der Metzgermeister. Die geforderten Änderungen seien nur mit großem finanziellem Aufwand umsetzbar. Allein eine neue Dunglege koste rund 80.000 Euro. „Wir sind ein kleiner Betrieb. Das können wir uns nicht leisten.“ Der einzige Ausweg, den Greiß sieht: „Der Betrieb muss größer werden, um wirtschaftlicher zu arbeiten. Nur dann können wir die strengen Vorgaben erfüllen.“

Es wird uns unmöglich gemacht, den Hof wirtschaftlich zu betreiben.

Michael Greiß, Landwirt und Metzger

Die Familie sei bereit, diesen Schritt zu gehen. Sie engagierte eine Beratungsfirma und erarbeitete gemeinsam mit ihr ein Konzept zur Erweiterung der Hofmetzgerei. Geplant war unter anderem der Bau eines modernen Außenklimastalls. Das Konzept habe Greiß der unteren Naturschutzbehörde und dem Landwirtschaftsamt vorgelegt. Die hätten abgelehnt. „Mit der Begründung, dass auf diesem Grundstück nichts gebaut werden darf“, sagt Greiß. „Damit wird jegliches Wachstum unterbunden. Es wird uns unmöglich gemacht, den Hof wirtschaftlich zu betreiben.“ Das bedeute das Aus für den Familienbetrieb.

Landratsamt sucht Lösungen

Auf Anfrage bestätigt das Landratsamt die festgestellten Mängel. Bei mehreren Begehungen habe man festgestellt, „dass die Grundstücke teilweise entgegen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden“, heißt es aus dem Amt für Bauen und Naturschutz sowie aus dem Landwirtschaftsamt. Man sei auf das Gelände aufmerksam geworden, nachdem es Meldungen über Missstände gegeben habe. Diese hätten daher aufgegriffen und verfolgt werden müssen.

Situationen wie die der Familie Greiß seien kein Einzelfall im Landkreis Esslingen, teilt das Landratsamt mit: „Die auf den betroffenen Grundstücken vorhandene Situation gibt es auch in anderen Bereichen des Landkreises. Aufgabe der unteren Naturschutzbehörde und des Landwirtschaftsamtes ist es, in solchen Fällen auf die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu achten.“ Zusammen mit den Betroffenen wolle man nach Lösungen und „Abhilfemöglichkeiten“ suchen. „Wichtig ist, dass sich alle Beteiligten an die vor Ort besprochenen Vereinbarungen halten und die erforderlichen Maßnahmen nach und nach abgearbeitet werden“, so die Aussage aus dem Landratsamt.

Weide vor dem Aus

„Das klingt ja sehr nett“, sagt Greiß mit sarkastischem Unterton. Er selbst habe nicht den Eindruck gehabt, als wäre die Gesprächsbereitschaft vonseiten der Behörde groß. „Trotzdem bin ich immer noch für Gespräche offen.“ Gerne würde er Landwirtschaft und Naturschutz vereinen. „Aber auch ich unterliege wirtschaftlichen Zwängen und habe eine Familie zu versorgen.“ 

Unter den aktuellen Umständen sieht Greiß keine andere Möglichkeit, als die Wiese in Neckarhausen aufzugeben. Der Pachtvertrag läuft noch bis Ende September 2026. Die Familie sucht bereits nach einem alternativen Standort – möglichst mit ähnlich viel Platz, wie die aktuelle Weide bietet. Seine wirtschaftliche Situation spitzt sich derweil zu: „Mein größter Abnehmer ist wegen des ganzen Theaters abgesprungen.“ Und falls kein neues Feld gefunden wird? „Dann ist es aus“, sagt Greiß. „Ich werde mich dann beruflich umorientieren.“