Esslingen. Das Schreiben ist sachlich gehalten und gespickt mit konstruktiven Vorschlägen. Die Grundaussage, die dahinter steckt, ist freilich eine andere: Es ist genug geredet. Sorgt endlich dafür, dass gehandelt wird. In einem fünfseitigen Brief an Bürgermeister, Kreistag und Regionalversammlung fordert die Grüne Jugend im Kreis die Kommunalpolitik bei den Themen Klimaschutz und Verkehrswende zu mehr Entschlossenheit und Tempo auf. Die Ungeduld beim politischen Nachwuchs wächst - auch, was die eigene Partei angeht. „Wir hoffen, dass auch unsere Leute in den Gremien den Bleistift spitzen und sich ein paar Punkte notieren“, sagt Nicolai Boldt, Sprecher der Grünen Jugend in Esslingen.
Der Katalog ist umfangreich und umfasst alle Bereiche von Mobilität im Alltag. Vieles von dem, was der politische Nachwuchs fordert, geschieht ganz bewusst wider besseres Wissen. Ein durchgehender Zehn-Minuten-Takt für alle Busse in den Städten, ein massiver und rascher Ausbau von Radwegen oder die Beschränkung des Autoverkehrs in Städten über 15 000 Einwohner, das sind Forderungen, von denen auch politisch engagierte Teenager wissen, dass sie weder schnell noch unbürokratisch zu erreichen sind. Nicolai Boldt nennt es „Maximalforderungen“. Was er damit sagen will: Wer etwas verändern will, muss radikaler denken als bisher.
Nicht länger tatenlos zusehen
„Andere Punkte“, meint der Sprecher der JG, seien hingegen leicht und schnell umzusetzen, wie etwa die Forderung nach mehr diebstahlsicheren Fahrradabstellplätzen in Innenstädten und an Bahnhöfen oder der Vorschlag, Verkehrsbetriebe sollten mit dem Einzelhandel kooperieren. In vielen Einkaufszentren würden Kunden belohnt, wenn sie mit dem Auto zum Einkaufen kämen, heißt es in dem Schreiben. Warum anstelle des Parktickets also nicht den Busfahrschein an der Kasse abstempeln lassen und damit einen Nachlass kassieren?
Dass hier jemand nicht wisse, wovon er redet, kann dem Polit-Nachwuchs jedenfalls niemand vorwerfen. In Sachen alltagstauglicher Nahverkehr sind selbst Minderjährige gebrannte Kinder: „Wenn unsere Treffen nicht wie geplant stattfinden, dann meist, weil die Leute gar nicht oder viel zu spät mit den Öffentlichen ankommen“, sagt Nicolai Boldt. Die Botschaft ist klar: Man sei nicht mehr bereit, noch länger tatenlos zuzusehen, wie Politik und Behörden jahrelang an Radwege- und Mobilitätskonzepten arbeiteten. „Wir benötigen konkretes Handeln jetzt und nicht erst 2050“, heißt es in dem schriftlichen Appell. „Uns ist schon klar, dass wir nicht mit allem etwas anstoßen können“, sagt Nicolai Boldt. „Schön wär‘s, wenn ein paar Punkte in den Gremien zu Diskussionen führen würden.“ Oder zumindest eine Antwort käme. Die gab es bisher noch nicht.Bernd Köble