Das historische Waaghäusle „In der Schneck“ kennen alle Bissingerinnen und Bissinger. Was es mit dem kleinen Fachwerkhaus an der Vorderen Straße vor den Wohnhäusern 13 bis 17 genau auf sich hat, wissen aber vielleicht doch nicht alle. Das soll sich nun ändern, denn es gibt eine Idee für die Neugestaltung des kleinen Platzes.
Winfried Tränkner, renommierter Bildhauer und als gebürtiger Dettinger seit Jahren ein „Wahl-Bissinger“, hat dem Gemeinderat kürzlich einen Entwurf für eine Bronzetafel vorgestellt. Sie soll nach mehreren Beratungen nun 100 auf 80 Zentimeter groß sein. Zwei Entwürfe hatte der Künstler mit Bleistift vorgezeichnet und dem Gremium vorgestellt, am Ende fiel die Wahl schließlich auf die Version mit weniger Menschen, dafür mehr Sichtbarkeit für das Waaghäusle, um das es ja eigentlich geht.
Von einigen Gemeinderäten gab es noch wertvolle Tipps für den Künstler. Ratsmitglied und Landwirt Siegfried Nägele fiel auf der ausgewählten Zeichnung auf, dass der Treiber auf der rechten Seite des Rinds geht. „Das ist ein No-Go“, erklärt Nägele. Hintergrund ist, dass Rinder meistens versuchen, mit dem linken Auge etwas ihnen Unbekanntes zu erfassen. Gelingt das nicht, geraten sie leicht in Stress. Sowohl der Künstler und Bürgermeister zeigen sich beeindruckt von so viel Fachwissen.
Gemeinderat hatte Spaß
Für Heiterkeit sorgte der Einwurf, dass ein Bauer mit dem linken Fuß auf der Waage steht. „Heute läuft’s“, bemerkt Marcel Musolf lachend und auch der Künstler verspricht eine Korrektur auf dem finalen Entwurf. Das Feedback über die Qualität des Entwurfs fällt dagegen durchweg positiv aus: Das Gremium ist stolz, dass sich der Künstler des zentralen Platzes im Ort annimmt. „Für mich ist es eine große Ehre, in Bissingen so etwas machen zu können“, gibt der die Komplimente zurück.
Die Waage war Anfang des vorigen Jahrhunderts ein wichtiger Treffpunkt für die Landwirte des Ortes, dort brachte man das Rinder-Jungvieh im Frühjahr und Herbst zum Wiegen hin. Allerdings lag sie ursprünglich vor der Kirche. „Sie wurde dann in den 30er-Jahren verlegt und bekam dann ein richtiges Häusle, vorher gab es nur einen Wellblech-Unterstand“, erzählt Heinz Wagner, der mit Kreisarchivar Manfred Waßner das Bissinger Buch zur Ortsgeschichte bearbeitet hat, „Schätze aus dem Bildarchiv der Gemeinde“. Wagner konnte sogar noch mit einem Zeitzeugen sprechen.
"Feuer und Flamme“
Doch auch der „neue“ Standort ist in die Jahre gekommen, so sind unter anderem die Holzbohlen, welche die alte Waage symbolisierten, vermodert und mussten entfernt werden. Im Zuge der Neugestaltung kam man dann auf die Idee, das bestehende Häusle in den historischen Kontext einzubetten. Bürgermeister Marcel Musolf brachte dann den ortsansässigen Künstler ins Spiel, und siehe da: „Er war sogleich Feuer und Flamme“, berichtet der Schultes.
Winfried Tränkner hatte nicht nur die Idee einer Bronzetafel mit einer historischen Darstellung, sondern auch einem Erklärtext auf der Rückseite. Und auf dem Boden vor dem Waaghaus sollen dann drei Bohlen aus Bronze die alte Waage symbolisieren – garantiert wetterfest. Die Gesamtkosten werden mit 8300 Euro veranschlagt. „Das können wir uns leisten“, betont der Schultes.
Bis die Bronzeplatte samt Bogen, an dem sie befestigt wird, steht, werden vermutlich noch anderthalb Jahre ins Land ziehen. Denn zunächst muss noch ein Wohnhaus am Platz errichtet werden. „Da sollten die Bauarbeiten Ende des Jahres beginnen“, sagt Marcel Musolf. Bis das Ensemble aus Wohngebäuden, historischem Waaghäusle und Bronzetafel dann fertig ist, wird es vermutlich Ende 2024 sein.