Neidlingen. Über Ästhetik lässt sich streiten, aber das Haus in der Weilheimer Straße 26, im Verlauf der Neidlinger Ortsdurchfahrt ortsaufwärts auf der linken Seite gelegen, ist unbestritten keine Schönheit. Rote und graue Steine liegen unverputzt offen da, teils ist auch gelbes Isoliermaterial zu sehen. Außerdem ragt eine Gebäudeecke so dicht an die Straße heran, dass dort kein Platz mehr für einen eineinhalb Meter breiten Gehweg bleibt, wie ihn die Gemeinde anstrebt. Planungsrechtlich, so die Gemeindeverwaltung, sei dabei die Baulinie aus dem Jahr 1936 zu berücksichtigen. Die legt fest, welcher Bereich entlang der L 1200 nicht bebaut werden darf.
Der Umbau des Hauses hatte den Neidlinger Gemeindeart schon im Jahr 2003 mehrfach beschäftigt. Längere Zeit wurde dort im Unter- und Erdgeschoss gebaut, ohne dass dafür eine Genehmigung vorlag. Die Planunterlagen wurden dann geändert und durch das Landratsamt genehmigt. Doch die Eigentümer setzten die Bauarbeiten nicht fort.
Im Jahr 2009 forderte das Landratsamt die Bauherren auf, die Bauarbeiten nach den genehmigten Plänen fortzuführen, ohne Erfolg. Im Dezember 2021 teilte das Landratsamt den Bauherren mit, dass die Baugenehmigung erloschen sei. Grund dafür ist, dass die Bauarbeiten länger als ein Jahr unterbrochen wurden.
Bisher war das Eigentum der Grundstücke im Verhältnis vier Fünftel zu einem Fünftel aufgeteilt. Mitte Juli erhielt die Gemeinde Neidlingen einen Kaufvertrag vorgelegt, in dem die Eigentümerin, der bisher ein Fünftel gehörte, auch die anderen vier Fünftel übernehmen sollte. Wenn ein städtebaulicher oder gebäudebezogener Missstand besteht, hat die Gemeinde in Gebieten wie diesem, die unter Paragraf 34 Baugesetzbuch fallen, ein Vorkaufsrecht. Dieses muss sie innerhalb von drei Monaten ausüben.
Von diesem Vorkaufsrecht machte sie, dies beschloss der Neidlinger Gemeinderat, in diesem Fall Gebrauch. Damit gehören ihr künftig vier Fünftel des Gebäudes. Spekuliert wurde im Gemeinderat, wie sich die Eigentümerin des weiteren Fünftels wohl verhalten wird. Es überwog aber die Hoffnung, „diesen Schandfleck“ nach rund 20 Jahren in absehbarer Zeit beseitigen zu können. Peter Dietrich